Superintendent Mölleken Interview mit Meckenheimer Pfarrer

Bonn-Wachtberg · Nach der evangelischen Landessynode in Bad Neuenahr haben einige evangelische Gläubige die Kirche für ihre Unterstützung des Rettungsschiffs SOS Méditerranée kritisiert. Im GA-Interview bezieht der hiesige Superintendent Mathias Mölleken dazu Stellung.

 Mathias Mölleken ist Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel.

Mathias Mölleken ist Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel.

Foto: meike boeschemeyer/kirchenkreis

Mathias Mölleken ist Meckenheimer Pfarrer und Superintendent des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel. Als solcher war er kürzlich Mitglied der Landessynode in Bad Neuenahr. Nun erreichen ihn Vorwürfe, die Evangelische Kirche im Rheinland habe sich nicht zum aktuellen politischen Geschehen zu positionieren. Mit Mathias Mölleken sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

Sie und die anderen Landessynodalen haben nach der Synode kritische Post bekommen?

Mathias Mölleken: Ja, uns hielten evangelische Gemeindemitglieder vor, wir hätten in Bad Neuenahr einen politischen Beschluss gefasst, der uns nicht zustehe.

Um welchen Beschluss geht es?

Mölleken: Die Kritik bezog sich auf das Vorhaben der Rheinischen Kirche, sich an einem neuen Schiff der Organisation SOS Méditerranée zu beteiligen, um möglichst viele Schiffbrüchige aus dem Mittelmeer zu retten. Die Kirchenleitung wird die Finanzierung prüfen.

Was haben Sie geantwortet?

Mölleken: Für mich als Superintendent und Landessynodalen, aber vor allem als Theologe ist unmissverständlich klar: Kirche darf und muss sich einmischen. Einmischen ist ein Gebot der Nächstenliebe. Wenn mein Nächster nicht in meinem Dorf lebt, sondern in den Fluten des Mittelmeeres zu ertrinken droht, muss ich dort für Hilfe sorgen.

Die Briefschreiber sehen das anders.

Mölleken: Die Frage zum kirchlichen Engagement wird immer wieder diskutiert. Sie verkennt aber offensichtlich, dass das christliche Bekenntnis in Nachfolge als Kirche Jesu Christi stets öffentliche Verantwortung einschließt und wahrnimmt. Für Menschen wie Martin Luther King oder Dietrich Bonhoeffer war unstrittig: Wer fromm ist, muss auch politisch sein. Heute bewerten wir dieses Engagement in historischer Perspektive als äußerst verdienstvoll. Bewusst berufen wir uns auch auf diese Theologen und erkennen eine vorbildliche Haltung, die im Glauben an Jesus Christus gründet.

Auch ein GA-Leserbriefschreiber sprach kürzlich dem Kirchenparlament das Recht ab, in seinem Namen Statements abzugeben.

Mölleken: Selbstverständlich haben unsere in den Kreissynoden gewählten oder vom Präses berufenen Vertreter in der Landessynode das Recht, im Namen unserer Kirche zu sprechen. Wer denn sonst? Die Beschlüsse auf der Synode erfolgen dann per demokratischer Abstimmung. Niemandem ist ein Maulkorb verordnet, sondern alle Delegierten folgen der eigenen christlichen Überzeugung und theologischen Reflexion. Dazu sind sie auch aufgerufen.

Wie laufen Synodenabstimmungen ab?

Mölleken: Bei synodal demokratisch organisierten Entscheidungsprozessen wird um Sichten und Haltungen theologisch verantwortet gerungen. Wir sind Volkskirche, die Meinungsvielfalt zulässt und anerkennt. Das Ergebnis ist am Ende anzunehmen und gilt. Dieses Verfahren dürfte jedem Staatsbürger vertraut und lieb sein.

Wie hat die Synode im kritisierten Fall entschieden?

Mölleken: Es gab 194 Stimmberechtigte. Im Falle des Engagements für die Seenotrettung von Geflüchteten war das Abstimmungsergebnis besonders eindeutig: Bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung wurde der Antrag angenommen.

Das hat die Briefschreiber offenbar nicht überzeugt.

Mölleken: Der Vorschlag, sich noch stärker als bisher in der Seenotrettung zu engagieren, war von der ersten Jugendsynode der Rheinischen Kirche in die Landessynode getragen worden. Unser Engagement sehe ich als Zeichen, das sich gegen die stetige Kriminalisierung dieses wichtigen Engagements von Nicht-Regierungs-Organisitionen (NGOs) und vielen Privatmenschen wendet. Und es fordert gleichzeitig sichere Fluchtwege und die menschenwürdige Aufnahme derjenigen, die auf der Flucht sind, ein. Damit es nicht nur beim Reden bleibt, sind zeichenhafte Handlungen immer wieder erforderlich.

Der Leserbriefschreiber verweigert Präses Manfred Rekowski auch das Recht, das Kirchenasyl zu loben.

Mölleken: Im Sinne des Auftrags zur Nächstenliebe ist eine Positionierung in Gegenwartsfragen immer wieder erforderlich und hilfreich. Das zeigt sich auch bei den Themen Hambacher Forst oder Kirchenasyl. Denn die Politik ist vor Fehlern und Fehleinschätzungen nicht gefeit. Dazu sollte niemand schweigen, auch die Kirche nicht. Natürlich können auch die Kirche und ihre Vertreter fehlen, aber die wichtige Funktion ihres Wächteramtes bleibt.

Wie werden Sie weiter mit Kritik umgehen?

Mölleken: Jedem Gemeindemitglied steht natürlich frei, anderer Meinung als der von uns in der Landessynode vertretenen zu sein. Auch dafür ist und bleibt Raum in unserer Kirche. Es bleibt jeweils unsere gemeinsame Aufgabe, um den rechten Weg zu ringen und im Gespräch zu sein.

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