Villa Camphausen in Bonn In Mehlem entstanden Werbeclips der 50er Jahre

Mehlem · In der Villa Camphausen entstanden vor vielen Jahren Werbetrickfilme. Hans Fischerkoesen erinnert sich an die Arbeit seines Vaters, der für bekannte Firmen Spots drehte.

 Termin mit Hans Fischerkoesen in der Villa Camphausen in Mehlem - hier eine alte Aufnahme aus der Villa aus der Adenauerzeit.

Termin mit Hans Fischerkoesen in der Villa Camphausen in Mehlem - hier eine alte Aufnahme aus der Villa aus der Adenauerzeit.

Foto: Axel Vogel

„Herr Fischerkoesen ist schon da“, sagt Alexander Nolte, Direktor der Kursana Villa Camphausen an der Mainzer Straße 233. „Er ist allerdings vorhin direkt runter in den Park gegangen. Ich glaube, er hat eine sehr innige Beziehung zu unserem Park“, sagt der Direktor der heutigen Seniorenresidenz und lächelt.

In der Tat: „Das sind hier meine Kinder“, meint später Hans Fischerkoesen: Mehr als 300 Bäume und Pflanzen hat der Hobbybotaniker und frühere Trickfilmexperte vor Jahrzehnten hier gepflanzt. Einer dieser Bäume, der sogenannte kalifornische Küstenmammut – lateinisch: sequoia sempervirens – misst heute rund 40 Meter. „Als ich den 1978 gepflanzt habe, war der knapp zwei Meter hoch“, erinnert sich Fischerkoesen.

Die Villa Camphausen gehört zu den absolut spektakulären ehemaligen Sommer- und Botschaftsresidenzen am Bad Godesberger Rheinufer und nimmt mit ihrer besonderen Lage gegenüber vom Drachenfels eine exklusive Stellung ein. Allein der Blick aus dem ehemaligen Dienstzimmer des Botschafters auf eine rund 18.000 Quadratmeter große Parkanlage mit teilweise exotischem Baumbestand ist atemberaubend.

Bereits um 1850 wird das herrschaftliche Gebäude mit rund 1000 Quadratmetern Nutzfläche in Zusammenhang mit dem Zuckerfabrikanten Carl Joest erwähnt. Joests Ziehtocher Ida Krohn erbte die Mehlemer Villa und heiratete den Kölner Bankier Arthur Camphausen, der ab 1880 das Haus als Wochenenddomizil und Sommerresidenz für sich und seine Familie nutzte. In den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts diente das Haus als britische Boarding-School, während der NS-Zeit als Schulungsstätte der NSDAP.

1950 erwarb der Filmemacher Hans Fischerkoesen senior die geplünderte Villa und restaurierte sie. Der Name Fischerkoesen ist eng mit dem deutschen Wirtschaftswunder nach dem Krieg verbunden, das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ machte den Aufstieg von Fischerkoesen zu einer führenden Werbeagentur in den 50er Jahren sogar einmal zu einer Titelgeschichte. Als deutscher Disney ging er in die Geschichte des Zeichentrickfilms ein. Bis zu 60 Beschäftigte zeichneten, fotografierten und schnitten in den Studios des Zeichentrickpioniers.

In rund 1000 Kinos lasen die Besucher den Schriftzug: „Ein Fischerkoesen-Film“. Produkten vom Waschmittel bis zur Milchflasche – „Nichts geht über Bärenmarke“ – hauchte die liebevolle Feder des Zeichners oft ein eigenes Leben ein. Sie erweckten Aral-Zapfsäulen zum Leben, um die sich fröhlich Autos mit Gesichtern scharten.

Aber die Zeit ging über den Werbefilm als cineastische Perle hinweg. Das Fernsehen gewann an Popularität, Sendezeiten wurden teurer, die Filme kürzer. „Zudem waren die Kunden immer mehr daran interessiert, für ihre Produkte mit Realfiguren zu werben“, erinnert sich Fischerkoesen junior, der 1969 das Studio übernahm.

1984 verkaufte die Familie schließlich die Villa an die Südkoreaner, die das Haus für die kommenden 20 Jahre als Residenz für ihre Botschafter und später für den Generalkonsul nutzten. Einen Teil der riesigen Parkanlage hatte Fischerkoesen einst an einen Bauern verpachtet, der dort seine Kühe weiden ließ. Und nicht nur das: Anfang der 80er Jahre war die obere Etage an den damaligen „Welt“-Chefredakteur und späteren Regierungssprecher Helmut Kohls, Peter Boenisch, vermietet. Auch einem hohen zypriotischen Diplomaten hatte Fischerkoesen zu Hauptstadtzeiten Räume überlassen.

2004 kaufte das US-Unternehmen „Sunrise“ die Villa Camphausen und verwandelte das Haus in ein hochwertiges Seniorendomizil. Die alte Villa erhielt an beiden Seiten (nach Süden und Norden) noch zwei weitere Flügel, die heute kaum mehr erkennen lassen, dass es sich hier früher nur um ein Gebäude handelte.

Eine schöne Fotowand in einem Nebenfoyer des Hauses zeigt Schwarzweiß- und Farbaufnahmen der Villa Camphausen im Lauf der Jahrzehnte. „Hier beispielsweise ist eines der ersten Fotos zu sehen, nachdem mein Vater das Haus erworben hatte“, sagt Fischerkoesen, der nach Verkauf und Auszug aus der Villa noch bis 1999 in Schweinheim Filme produzierte. Da allerdings dann wissenschaftliche Lehr- und Fortbildungsfilme für Industrie und Bundeswehr.

Bei seinem Rundgang durch seine alte Villa überkommen den 82-jährigen ausschließlich schöne Erinnerungen. Vor allem aber freut es ihn, dass „dieses Juwel“ in gute Hände gekommen ist „und alten Menschen Trost spendet“. Direktor Nolte merkt an, dass am Sonntag, 8. September, von 14 bis 17 Uhr anlässlich des Tags des offenen Denkmals eine botanische Führung stattfinden wird. „Kommen Sie wieder, die Bäume warten auf Sie“, sagt er zu Hans Fischerkoesen. Dieser trägt sich den Termin ein.

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