Interview mit Chris Paul Ein eigenes Institut in Sachen Trauer

BAD GODESBERG · Von Bad Godesberg aus arbeitet das Trauerinstitut Deutschland. Mit seiner Leiterin Chris Paul sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

Chris Paul leitet das Trauerinstitut Deutschland mit Sitz in Bad Godesberg.

Chris Paul leitet das Trauerinstitut Deutschland mit Sitz in Bad Godesberg.

Foto: Repro

Seit wann gibt es Ihr Trauerinstitut? Welche Ziele haben Sie?
Chris Paul: Seit 2002 bietet es Fortbildungen und Qualifizierungskurse im Bereich Trauerbegleitung an. Fachwissen und Grundhaltung werden vermittelt. Es geht um eine respektvolle und kompetente Begleitung von trauenden Menschen.

Und wer nutzt welche Angebote?
Paul: Es kommen Teilnehmer aus ganz Deutschland zu den Fortbildungen, von der Sozialarbeiterin über den Bestatter und die Hospizkoordinatorin bis zu Seelsorgern und Altenpflegerinnen. Alternativ reisen meine Kollegen und ich zu Inhouse-Schulungen in verschiedene Institutionen.

Sterben, Tod, Verlust - sind das nicht doch noch Tabuthemen in der heutigen schnelllebigen Zeit?
Paul: Tatsächlich beschäftigen sich die meisten Menschen erst dann mit dem Tod, wenn sie selbst durch eigene Erkrankung oder den Tod von Nahestehenden dazu gezwungen werden. Aber die letzten 30 Jahre Hospizbewegung und Trauerbegleitung in Deutschland haben dazu geführt, dass es viel mehr Neugier und Offenheit für die Themen Verlust, Vergänglichkeit, Umgang mit Trauer und Tod gibt.

Sie arbeiten mit einem ressourcenaktivierenden Ansatz?
Paul: Verlust bedeutet ja, dass etwas fort ist. Und statt ausschließlich auf das zu sehen, was wir vermissen, richte ich den Blick auch auf die Fähigkeiten jedes einzelnen Menschen, mit Verlust und Trauer umzugehen. So entsteht eine unterstützende Mischung aus Erinnerungsarbeit und Alltagsbewältigung.

Aber können Sie denn jedem Trauernden helfen?
Paul: Forschungsergebnisse zeigen, dass sogar bis 90 Prozent aller trauernden Menschen ohne fachliche Unterstützung auskommen. Berufliche Trauerbegleitung unterstützt nur die Menschen, die ihren Verlust unter erschwerten Bedingungen durchleben. Wenn etwa ein völlig unerwarteter Tod alle Lebensträume urplötzlich durchkreuzt, wenn mehrere Verluste nacheinander erfolgen oder eine eigene Krise und Krankheit bereits alle Kräfte bindet. Auch mit Unterstützung beschäftigen sich Menschen nach einem einschneidenden Verlust normalerweise mehrere Jahre mit den Veränderungen, die der Tod auslöst. Das ist normal und gesund, und manchmal ist es die Umwelt, die damit viel mehr Schwierigkeiten hat, als die Trauernden selbst. Nur wenige Menschen brauchen darüber hinaus eine Psycho- oder Traumatherapie.

Die Umwelt des Trauernden können Sie nicht verändern...
Paul: Allein in diesem Jahr gibt es bundesweit Hunderte Vorträge, Fernsehsendungen und Bücher über Trauer und Tod, vor zehn Jahren wäre das nicht denkbar gewesen. Mit Veranstaltungen und Publikationen erreichen wir viele Menschen, die (noch) nicht selbst trauern, aber sich vorbereiten möchten, oder die Angehörige und Freunde auf ihrem Trauerweg unterstützen wollen.

Was genau bietet denn Ihre Referentin am heutigen Freitag in der Christuskirche?
Paul: Meine Kollegin Ruthmarijke Smeding forscht und lehrt seit drei Jahrzehnten zum Thema. Dabei ist sie vielen Kulturen und Glaubensvorstellungen begegnet. Sie wird ihren ganz persönlichen Zugang zur Spiritualität in der Trauerbegleitung mit uns teilen, und dabei wird eine ihrer Kraftquellen, das kreative Schreiben, eine wichtige Rolle spielen.

Zur Person

Chris Paul studierte nach Berufsjahren im Kulturbetrieb Soziale Verhaltenswissenschaften, spezialisierte sich auf Trauerbegleitung und Traumaberatung und eröffnete als Heilpraktikerin für Psychotherapie eine Praxis. Sie ist Buchautorin, Trainerin und Referentin. Paul leitet zudem das Trauerinstitut Deutschland in Bonn.

Info

Der Vortrag mit Ruthmarijke Smeding vom Trauerinstitut Bonn, beginnt am Freitag um 19.30 Uhr in der Christuskirche, Wurzerstraße 31.

Er wurde in Zusammenarbeit mit dem Haus der Familie zum Thema "Kraftvolle Spiritualität für Trauernde und Trauerbegleitende" organisiert. Anschließend gibt es die Möglichkeit zum Gespräch bei Wein und Wasser. Eintritt: zehn Euro.

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