Heimatverein führt durchs Villenviertel Die großen Plätze in Godesberg gibt's nicht mehr

Bad Godesberg · Architekt Willy Maß hat überall im Bad Godesberger Villenviertel seine Spuren hinterlassen. Unter anderem plante er 1937 das Sparkassengebäude an der Rheinallee.

Die Ausrichtung der Häuser an den Kreuzungen entlang der Rheinallee im Villenviertel verrät: Wo heute Querstraßen wie der Königsplatz verlaufen, gab es früher große Plätze, teils mit pompösen Springbrunnen. Eigentlich schade, dass es die nicht mehr gibt, fanden viele Teilnehmer des letzten Sommerspaziergangs des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg durch dieses Wohngebiet am Mittwochabend. Sie würden sich Kreisverkehre wünschen, um zumindest den Eindruck von Plätzen wiederherzustellen.

Der Rückbau dieser Plätze war eine der wenigen Veränderungen, die im Villenviertel vorgenommen wurden. Ansonsten, sagten der Vereinsvorsitzende Martin Ammermüller, der die Führung leitete, sei dieses Viertel noch so, wie es einst entstand. Das liege daran, dass es in einem Stück gebaut wurde, so Ammermüller. „In anderen Stadtteilen ist es so: Ging ein Haus kaputt, wurde es eben erneuert. Da gibt es keinen einheitlichen Baustil.“ Im Villenviertel, das für gut betuchte Zuzügler auf früherem Ackerland errichtet wurde, bedienten sich die Architekten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Sinne des Historizismus an Baustilen früherer Epochen: So vereint etwa die Fassade des Hotels Villa Godesberg Fachwerk und gotische Fensterformen. Die Menschen, die dort wohnten, waren vermögend, was ihnen nach dem Ersten Weltkrieg wegen hoher Einkommenssteuern, der Inflation und der französischen Besatzer zum Verhängnis wurde. „Es war nicht genug Geld vorhanden, um etwas umzubauen.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zunächst alle verfügbaren Unterkünfte für Besatzer und Flüchtlinge benötigt. Ab den 50ern, sagte Ammermüller, hätte man Veränderungen vornehmen können, damals gab es noch keinen Denkmalschutz. „Aber in der Zeit begann man, diese Häuser wertzuschätzen.“ Makler stellten fest, dass sich diese Häuser besser vermieten als abreißen ließen. So verhinderten zwei Kriege, dass das Villenviertel in ein Wohngebiet wie viele andere umgewandelt wurde.

Mehr als 30 Teilnehmer

Und so konnte der Heimatvereinschef den mehr als 30 Teilnehmern Bauwerke wie das Clara-Fey-Gymnasium zeigen. Zu seiner Entstehungszeit war es revolutionär, da einige Unterrichtsstunden in gemischten Klassen durchgeführt wurden, oder das Hotel zum Löwen mit seiner Dreiecksform, die den Haupteingang hervorheben sollte. Und das frühere Bürgermeisterhaus, dessen Front nicht parallel zur Rüngsdorfer Straße liegt: Es wurde errichtet, bevor Bauvorgaben formuliert worden waren.

Ammermüller erzählte von der Erlöserkirche, die auch mit Blick auf das damals noch nicht bestehende Villenviertel für die sich stetig vergrößernde evangelische Gemeinde errichtet wurde. Sie ging auf den Pfarrer Julius Axenfeld zurück, der auch das evangelische Pädagogium Otto Kühne errichten ließ. Das Hotel Villa Godesberg, in dem jeder Raum unterschiedlich gestaltet wurde, konnten die Teilnehmer von innen besichtigen.

Sie kamen auch am Wohnhaus des Architekten Willy Maß vorbei. „Maß hat überall im Villenviertel seine Spuren hinterlassen“, erklärte Ammermüller. Unter anderem plante er 1937 das Sparkassengebäude an der Rheinallee, dessen Bauweise mit schmuckloser gerundeter Fassade sich bewusst von der Architektur im Villenviertel unterscheidet. „Es bildet einen Übergang von der Innenstadt zum Villenviertel.“ Das Gebäude könnte demnächst abgerissen werden. Ammermüller äußerte die Hoffnung, dass ein Neubau zu den architektonischen Gegebenheiten der Umgebung passe.

Mit den vier Sommerspaziergängen in diesem Jahr war er insgesamt zufrieden. In Rüngsdorf und Friesdorf seien mit mehr als 35 Teilnehmern etwa genauso viele mitgegangen wie im Villenviertel, davon jeweils etwa die Hälfte Heimatvereinsmitglieder. „Das ist eine sehr gute Teilnehmerzahl.“ Alleine der Rundgang zur Godesburg „litt unter der allzu großen Hitze“.

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