Flechtarbeiten für den Garten Die alte Kunst des Weidenflechtens in Bad Godesberg

Mehlem · Der 80-jährige Edwin Schröter und die Biologin Ulrike Aufderheide haben gemeinsam ein Buch herausgebracht. Da kann jeder lernen, wie das alte Handwerk geht.

 Die Beetumrandung aus Weidenruten ist eine naturnahe Alternative zum Zaun. Edwin Schröter hat das uralte Flechthandwerk als Kind in seiner alten Heimat Russland gelernt und wünscht sich, dass das Wissen nicht verloren geht.

Die Beetumrandung aus Weidenruten ist eine naturnahe Alternative zum Zaun. Edwin Schröter hat das uralte Flechthandwerk als Kind in seiner alten Heimat Russland gelernt und wünscht sich, dass das Wissen nicht verloren geht.

Foto: Iris Olech

Edwin Schröter knipst mit der Gartenschere einen armlangen Trieb von einem Weidenbaum, streift die lanzettförmigen Blätter ab und biegt den dünnen Ast zwischen seinen Fingern. Er federt elastisch, und Schröter nickt zufrieden. „Weide ist sehr flexibel, man kann sie sogar verknoten“, sagt er und schnürt den Zweig zum Beweis zusammen.

Bekleidet mit einer grünen Latzhose, kariertem Hemd und festem Schuhwerk ist Edwin Schröter an diesem Spätsommertag wieder einmal auf der Suche nach dem besten Material für seine Leidenschaft, das Flechten. Sein Reich ist ein riesiges grünes Areal hinter dem evangelischen Altenhilfezentrum, wo der agile 80-Jährige wohnt. „Hier finde ich alles, was sich biegt: neben der Weide auch Liguster, Hartriegel, Hasel. Hauptsache, es ist elastisch“, erklärt Schröter. In einem Unterstand lagert er seine Schätze: unzählige Bündel verschiedener Äste, Triebe und Ranken, die auf ihre Verarbeitung warten.

Schröters Spezialität sind großformatige Gartenobjekte wie Beetumrandungen und Rankhilfen, die viele Pflanzen auf dem Gelände des Altenheims auf natürliche Weise im Zaum halten. Schröter steht neben einem mannshohen, kreisrunden Geflecht, in dem sich wilder Hopfen windet. Ein grünes Kunstwerk in Ökoqualität, das man, so sein Schöpfer, später ganz einfach auf dem Kompost entsorgen kann.

Körbe wurden zur Kartoffelernte benötigt

Das uralte Handwerk hat der Russlanddeutsche als Kind in seiner alten Heimat gelernt. Edwin Schröter wurde in der Ukraine geboren, die Nachkriegswirren brachten ihn in das Gebiet Perm im Ural, wo er ein entbehrungsreiches Leben führte. Viele Dinge für den täglichen Gebrauch wurden noch selbst hergestellt, und sie waren perfekt durchdacht. „Zum Beispiel die Körbe für die Kartoffelernte. Die Zwischenräume im Flechtwerk waren so groß, dass die Erde durchfallen konnte“, erinnert sich Schröter. Der kleine Edwin war stolz, wenn ihn die Männer aus dem Dorf zum Sammeln der Ruten, Äste und Triebe mitnahmen und er sie sortieren durfte. „Wir Kinder haben daraus einen Wettkampf gemacht, wer am schnellsten war.“ Er schaute den Erwachsenen auf die Finger und stellte sich so geschickt an, dass auf die ersten Körbchen immer größere folgten, bis er irgendwann stattliche Zäune flocht. Später arbeitete er als Lehrer für Deutsch und Werken in der Nähe von Moskau und engagierte sich im Naturschutz, bis er 1994 nach Deutschland übersiedelte.

Sein Talent erkannte die Biologin Ulrike Aufderheide, die sich für den „Naturnahen Schaugarten“ in Wachtberg-Berkum engagiert. „Für mich war Edwin Schröter ein Glücksfall. Denn seine Werke sind nicht nur Schmuckstücke, sondern auch ein natürlicher Lebensraum, der leider immer mehr aus unserer Landschaft verschwindet“, so Aufderheide. Damit das wertvolle Wissen nicht verloren geht, hat sie kürzlich ein Buch veröffentlicht, zu dem Schröter seine reichhaltigen Kenntnisse beisteuerte. „Es ist sozusagen das ABC für Anfänger, mit vielen Bildern“, erklärt er. Und wer praktische Nachhilfe braucht, erhält in seinen Flechtkursen Tipps und Tricks. Ans Aufhören denkt der rege Rentner noch lange nicht. Denn die Arbeit mit den biegsamen Ruten hält Edwin Schröter fit.

Literatur: Ulrike Aufderheide und Edwin Schröter: Workshop Korbflechten– Flechtarbeiten für den Garten, 176 Seiten, ISBN: 978-3-89566-369-7, 19,90 Euro.

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