Podiumsdiskussion zum Medizintourismus Die Stimmung ist gereizt

BAD GODESBERG · So groß wie der Zuspruch auf die Podiumsdiskussion war, so groß waren offensichtlich auch die Erwartungen der rund 200 Besucher, die zu der Veranstaltung des Eigentümervereins Haus & Grund "Alles zum Medizintourismus" in die Stadthalle gekommen waren.

 Voll ist der Saal der Stadthalle, als es bei einer Podiumsdiskussion um das Thema Medizintourismus geht.

Voll ist der Saal der Stadthalle, als es bei einer Podiumsdiskussion um das Thema Medizintourismus geht.

Foto: Ronald Friese

Doch allem Anschein nach konnten die Experten auf dem Podium viele Erwartungen nicht erfüllen. Reaktionen aus dem Publikum deuteten darauf hin, dass sich viele Zuhörer erhofft hatten, die Fachleute gingen in ihren Kurzvorträgen auf die Probleme ein, die die Wohnungssituation und das Zusammenleben mit den Begleitpersonen der Gastpatienten betreffen.

Stattdessen behandelten die Referenten zunächst das viel diskutierte Thema Medizintourismus und die aus ihrer Sicht positiven Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft. Woraufhin einer der Zuhörer ihnen vorwarf: "Sie gehen an unserer Realität vorbei. Wir erleben nicht, was im Krankenhaus passiert, sondern wir erleben die Vielzahl der Begleitpersonen der Gastpatienten." Der Applaus zeigte, dass viele Bürger so empfanden.

Einer der Experten auf dem Podium war Jens Juszczak, Wirtschaftswissenschaftler der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er legte einen Schwerpunkt auf die "sehr hohe Kaufkraft der ausländischen Patienten". Diese müsse man - genauso wie die Bad Godesberger - darauf vorbereiten, dass sie in einen anderen Kulturkreis kämen.

Angesprochen auf den großen Anteil der Gastpatienten aus dem Nahen Osten, schlug Juszczak vor, die Bevölkerung solle die Botschaften kontaktieren, damit diese den Medizintouristen geeignete Unterkünfte besorgen. Gelächter war die Reaktion auf diesen Vorschlag.

"Der Medizintourismus ist ein Nischenmarkt, der für die Kliniken eine zusätzliche Einnahmequelle bietet, aber auch mit mehr Aufwand verbunden ist", erklärte Dieter Knospe vom Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Bonn. Er nannte neben den positiven Wirtschaftseffekten zwar die bekannten Herausforderungen, Lösungsansätze blieb er aber schuldig. In der anschließenden Diskussion schlug Knospe vor, "man sollte Informationen für die ausländischen Patienten bereitstellen, wie sie sich zu verhalten haben".

Unruhig war es nach Knospes Vortrag geworden. Ein Satz wie "Das wissen wir doch schon" war zu hören, und ein Zwischenruf, die Stadt interessiere sich nicht für die Probleme der Bürger und solle sich auf die Wohnungssituation konzentrieren.

Moderator Ulrich Hauschild bemühte sich, die angespannte Stimmung zu lockern. Viele Bürger scheinen angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt als einziges Mittel den Rechtsweg zu sehen.

Unterstützung bekamen sie von Rechtsanwalt Michael Kayser, nachdem ein Zuhörer geschildert hatte, dass er mehrmals nachts aufstehe, um zu prüfen, ob die Haustür geschlossen sei. Er fürchte um seine Sicherheit und die seiner Nachbarn und wolle klagen. Kayser gab zu bedenken, "eine solche Klage auf Unterlassung muss man sorgfältig vorbereiten". Aber auch der Vorsitzende von Haus & Grund, Pitt Hoffmann, zog in Betracht, Vereinsmitgliedern den Klageweg vorzuschlagen.

Khaled Guizani, Chef der Abteilung International Medical Service der Uniklinik betonte, dass die Gastpatienten ein Nischenmarkt seien. "Weniger als zwei Prozent aller stationären Fälle sind Medizintouristen, 2013 waren es 980 Patienten mit Auslandswohnsitz."

Eine Teilnehmerin meinte: "Ich habe den Eindruck, dass wir Godesberger beruhigt werden sollen, aber es gibt keine Lösungen." Eine andere bezweifelte die erwähnte Stärkung des Wirtschaftsstandorts, und ein Dritter forderte die anderen Zuhörer auf, selbst aktiv zu werden, da "es nicht viel nutzt, auf die Verwaltung zu zeigen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort