Diskussion um Sterbehilfe Darf man sein eigenes Leben beenden lassen?

Bad Godesberg · Der Mehlemer Pastor Wolfgang Thielmann spricht mit Ex-Präses Nikolaus Schneider und dessen Frau Anne über Sterbehilfe. Das Thema ist und bleibt deutschlandweit geprägt von einer kontroversen Debatte.

 Wo liegen die Grenzen des Gottvertrauens?

Wo liegen die Grenzen des Gottvertrauens?

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Das neue Buch, an dem der Mehlemer Pastor Wolfgang Thielmann beteiligt ist, nimmt sich einer brisanten aktuellen Debatte an: derjenigen, ob in Deutschland eine Erlaubnis zum assistierten Selbstmord, also zur Sterbehilfe, erteilt werden sollte.

Die Ausgangslage ist inzwischen so verschärft, dass es hierzulande fast unmöglich ist, sich beim Sterben helfen zu lassen. „Wenn ein geliebter Mensch stirbt, hinterlässt das ein Gefühl großer Leere in uns. Es führt uns oft an die Grenzen unseres Gottvertrauens“, sagt Thielmann dazu. Er ist Journalist, war Pressesprecher des Diakonischen Werks und stellvertretender Leiter des Magazins „Christ und Welt“ in der „Zeit“. Der 64-Jährige ist gleichzeitig Theologe und steht an seiner heimischen Heilandkirche als Pastor im Dienst der Evangelischen Kirche im Rheinland, hält Gottesdienste und ist aktiv in der Gemeinde.

Thielmann hat innerhalb des Buchprojekts Nikolaus Schneider, den vormaligen Präses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und dessen Frau Anne zum Thema Sterben befragt. Den Tod hat dabei gerade diese Familie schon tragisch erlebt: Die Studentin Meike Schneider, die Tochter der beiden, starb an Leukämie.

Außerdem musste sich Anne Schneider vor fünf Jahren der Diagnose Brustkrebs stellen. Wegen dieser Erkrankung hatte der damalige Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider sein Amt im Sommer 2014 vorzeitig niedergelegt. Anne Schneider hatte sich gewünscht, wenn bei ihr keine Behandlung mehr anschlage, in die Schweiz zu fahren, und ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen, berichtet Thielmann. Ihr Mann habe genau das eigentlich abgelehnt. So lautet auch die Position der EKD. Schneider habe sich damals aber bereit erklärt, seine Frau in die Schweiz zu begleiten. Damit hätten die beiden den Konflikt, der die Gesellschaft beschäftigt, auch zwischen sich ausgetragen.

Inzwischen sei die akute Krebstod-Gefahr für Anne Schneider abgewandt, berichtet Thielmann. Auf das Buch Jahre nach der ersten innerfamiliären Diskussion hätten die Eheleute sich aber trotzdem eingelassen und führten nochmals ihre Debatte über das Verbot organisierter Hilfe beim Suizid.

Anne Schneider insistiere heute noch: „Ich plädiere für die rechtliche Möglichkeit eines ärztlich assistierten Suizids.“ Dies gelte unabhängig von dem, was sie selbst vielleicht tun wolle. Menschen sollten ihr Leben in einer menschenwürdigen Weise beenden können. Der Ehemann folgt der Position der Kirchen, wonach assistierter Suizid in Deutschland nicht erlaubt sein sollte. Als ehemaliger Präses spricht er von notwendiger Demut gegenüber Gott.

Im Handel erhältlich: Anne und Nikolaus Schneider im Gespräch mit Wolfgang Thielmann, Vom Leben und Sterben, Neukirchener Verlag 2019, 14,99 Euro

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