40 Jahre aktiv Bad Godesberger Frauenarzt feiert Jubiläum

Bad Godesberg · Der 73-jährige Lutz Prietze feiert dieses Jahr ein Jubiläum: Seit 40 Jahren arbeitet er als Frauenarzt in Bad Godesberg. Er studierte in Bonn und Wien und kehrte schließlich zurück ins Rheinland. Der Blick auf ein bewegtes Leben.

 Lutz Prietze studierte in Wien und Bonn.

Lutz Prietze studierte in Wien und Bonn.

Foto: Axel Vogel

Für Lutz Prietze war es eine enorme Umstellung, als er vor fünfeinhalb Jahren in die Gemeinschaftspraxis der Frauenärztin Sabine Blumenthal wechselte. Denn davor war er 35 Jahre lang sein eigener Chef gewesen. „Ich wollte ein freier Mann sein und selbst Entscheidungen treffen“, erklärt der 73-Jährige. Jetzt ist der Gynäkologe immerhin der Hahn im Korb, wie er selbst sagt, und genießt den Respekt seiner Kolleginnen, mit denen er sich gut ergänzt. Das ist ihm auch viel wert. Und da in dieser Praxis jeder seinen eigenen Bereich und seine eigenen Patienten hat – einige wechselten gemeinsam mit Prietze in die neue Praxis –, ist es zumindest ein bisschen so wie früher.

Mittlerweile hat er eine 25-Stunden-Woche, früher ging er auch schon mal um sieben Uhr zur Arbeit und kam erst um 23 Uhr nach Hause. Unerledigte Arbeit liegen zu lassen, nur weil es bereits 17 Uhr gewesen ist, das kam für ihn nie in Frage. Abends kümmerte er sich zum Beispiel noch um selbstmordgefährdete Frauen, war dann auch immer ein wenig Psychologe und Seelsorger. Denn: „30 Prozent aller Frauenleiden sind psychosomatisch.“ Auch da hatte er das Bedürfnis zu helfen.

Darüber hinaus ersetzte er für viele Frauen auch den Hausarzt. Den Erfahrungsschatz dafür hatte er sich in seiner Zeit in der Praxis auf der Koblenzer Straße angeeignet. Prietze wurde in Haldensleben in Sachsen-Anhalt geboren, kam aber mit seinen Eltern schon früh nach Bonn, weil sein Vater leitender Ministerialdirigent im Bundesverkehrsministerium wurde. Sein Abitur machte er an der Otto-Kühne-Schule, kurz als Päda bezeichnet, in Bad Godesberg.

Seit 40 Jahren macht er Praxisdienst

Danach studierte er in Bonn und Wien, machte sein Examen im Februar 1972, promovierte im gleichen Jahr und erhielt seine Approbation am 30. April 1973. Bevor er seinen Facharzt in Gynäkologie und Geburtshilfe machen konnte, wurde er aber eingezogen. „Ich war zornig, weil ich aus der Ausbildung herausgenommen wurde“, sagt er. Er wurde als Stabsarzt der Marine eingesetzt und betrat das Kriegsschiff „Mölders“ mit dem Satz: „Frauenarzt Dr. Prietze meldet sich an Bord“. Ein Gynäkologe als Arzt für 250 gestandene Seemänner, das sorgte für Spott und war den Kameraden gleichzeitig unangenehm. Aber sie lernten, ihm zu vertrauen. „Ich war für die Hygiene an Bord zuständig, und für die Seele“, so Prietze. „Das hat mich menschlich geprägt, da ich auch Intimes besprochen habe.“

Seit 40 Jahren macht er nun den Praxisdienst, und er liebt seinen Beruf, den er auch dank seiner Frau ausüben kann. „Sie hat mich gefördert und mir den Rücken freigehalten“, erzählt Prietze. „Bei diesem Beruf braucht es eine starke Frau, die nicht eifersüchtig ist. Ich bin immer noch verliebt in sie.“

Um seinen Berufsstand macht er sich aber Sorgen. Der sei aus der Arbeit von Hebamme, Hausarzt und Chirurg hervorgegangen und droht Prietzes Meinung nach wieder in diese Disziplinen zu zerfallen: „Ich habe ein bisschen Angst, dass es bis 2030 den Facharzt so nicht mehr gibt.“ Einzig an die Digitalisierung konnte er sich in all den Jahren nicht gewöhnen. „Ich möchte Patienten durch meine Augen sehen, nicht durch den Computer.“ Und seine Patientenkarten reicht er immer noch handgeschrieben ein. „Da gelte ich als Exot“, sagt er.

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