Kommentar Ausschreitungen von Salafisten - Schwarzer Tag

Der 5. Mai 2012 wird als unrühmlicher Tag in die Annalen der Stadt Bonn eingehen. Als ein Tag, an dem Extremisten und Gewalttäter in Bad Godesberg ihr wahres Gesicht zeigten und dabei unverhohlen zum Ausdruck brachten, welche Verachtung sie den Werten und Idealen unserer Gesellschaft entgegenbringen.

Um bei den Auslösern der Krawalle zu beginnen: Die Provokateure der rechtsextremen Splittergruppe Pro NRW haben nun also auch in Bonn ihr Demonstrationsrecht missbraucht. Vorsätzlich reizten sie die Gegendemonstranten in einer Weise, die mit dem Wort "unverantwortlich" noch beschönigend umschrieben ist. Als die Lage eskalierte, stieg die selbst ernannte "Bürgerbewegung" ins Auto und steuerte die nächste Stadt an - Wahlkampf auf der rechten Spur.

Von den Gegendemonstranten waren die Provokationen wohl schon im Vorfeld erwartet worden. Sie hatten sie womöglich geradezu herbeigesehnt. Darauf deutet neben den teilweise akribischen Vorbereitungen der blanke Hass hin, der den Polizisten in Lannesdorf entgegenschlug. Dabei wurde übrigens auch deutlich, welch Werkzeug die sozialen Netzwerke im Internet auch für radikale Einheizer bieten.

Bonns Polizeipräsidentin hat am Sonntag zurecht Wert auf die Feststellung gelegt, dass radikale Salafisten nicht mit der großen Mehrheit der friedlichen Muslime verwechselt werden dürfen. Geradezu als Sinnbild dafür sah der Direktor der König-Fahd-Akademie dem Treiben am Samstag vom Dach seiner Schule mit starrem Entsetzen zu. Erst vor wenigen Tagen hatte er sich im Gespräch mit dieser Zeitung ausdrücklich vom islamistischen Extremismus in jeglicher Form distanziert.

Wenn das Treiben gewalttätiger Fanatiker nicht unterbunden wird, dann dürfte das von Politikern gern geäußerte Postulat, es dürfe in Deutschland keine Parallelgesellschaften geben, von vielen Bürgern nur noch als Phrase wahrgenommen werden.

Auch diejenigen, die für Recht, Gesetz und Freiheit mit Leib und Leben eintreten, werden diesen 5. Mai im Gedächtnis haben. Wer die Polizisten in der Straßenschlacht von Lannesdorf beobachtet hat, kann nur eine Mischung aus Hochachtung und Mitleid empfinden. Die Beamten waren schlichtweg zu wenige, um dem Chaos inmitten fliegender Steine, geschwungener Zaunlatten und gezückter Messer Herr zu werden.

Die Anwohner können es ihnen dennoch danken, dass nicht noch mehr geschehen ist. Aber die Polizeiführung muss sich die Frage gefallen lassen, ob ihre Strategie nach vorangegangenen Auseinandersetzungen mit Salafisten in Solingen angemessen war.

In Lannesdorf taten sich am Wochenende Abgründe auf. Bleibt die vage Hoffnung, dass neben Zündhölzern und Pulverfässern auch noch ein Funke der Vernunft ruht.

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