Restaurant Maternus Abschiedsessen im Godesberger Traditionslokal

BAD GODESBERG · Das berühmte Restaurant "Maternus" in Bad Godesberg schließt Ende Oktober seine Pforten. Aus diesem Grund trafen sich jetzt 60 Bonner Gästeführer zum Stammtisch. Ziel war, noch einmal die Atmosphäre aufzuschnappen und zukünftig weiterhin bildhaft vom Maternus zu berichten.

"Bonn war mal Hauptstadt? Schon klar, geiler Joke", entfuhr es jüngst einer Gymnasiastin bei einer Stadtführung. Auch wenn es sich bei der jungen Dame mutmaßlich um eine externe Besucherin gehandelt haben dürfte: Dass Bonn, wie in der Anekdote geschildert, als Bundeshauptstadt allmählich in Vergessenheit gerät, ist durchaus Konsens, als sich jetzt eine Gruppe der insgesamt rund 60 Bonner Gästeführer zum Stammtisch im Bad Godesberger Traditionslokal "Maternus" trifft.

Der Abend unter den Erinnerungsfotos mit Reagan, dem Papst und all den anderen, denen einst bei Ria Maternus der Tisch gedeckt worden war, soll genau das sein, wonach er aussieht: ein Abschied.

Normalerweise nämlich pflegen die Gästeführer das Weinhaus Jacobs in Bonn als Konstante für ihren monatlichen Stammtisch. Dort hatte sich auch die Nachricht vom bevorstehenden Ende des Maternus verbreitet. Anlass für die Stadtführer, diese Institution der Bonner Republik noch einmal eingehend in Augenschein zu nehmen. "So können wir den Gästen Bonns zumindest weiterhin bildhaft davon berichten", so Herbert Küster.

"Sie müssen unbedingt mal ins Maternus", so sei ihm ans Herz gelegt worden, als er in Bonn anfing, erzählt ein Gästeführer, der - wie übrigens viele der Bonner Stadtführer - früher in einem Bundesministerium arbeitete. "Das Lokal war stets voll besetzt, unter den Gästen allabendlich viele Politiker", erinnert sich Ernst Porschen.

Zur Sprache kommt auch die Anekdote von einem Besuch des sowjetischen Außenministers Eduard Schewardnadse bei seinem Amtskollegen Hans-Dietrich Genscher. Demnach hatten sich die beiden Herren im Auswärtigen Amt "verplaudert", woraufhin dort der wartende Fisch so warm geworden war, dass man ihn dem Gast nicht mehr anbieten wollte.

Kurzerhand habe Genscher bei Ria Maternus angerufen, deren Antwort nur lautete: "Dann kommen Sie doch einfach 'rüber." Gesagt, getan, das bilaterale Treffen fand in Bad Godesberg eine gemütliche Fortsetzung.

"Es ist interessant", sagt Ernst Porschen, "die älteren Bonn-Gäste suchen förmlich die alte Bundeshauptstadt, die sie noch aus den Medien kennen." Den meisten Jüngeren sage dieser Abschnitt gar nichts mehr. "Und die Berliner Besucher können oft kaum glauben, dass wir hier so ein bescheidenes Regierungsviertel hatten", ergänzt Eleonore Schuckmann-Tröder.

Für Anerkennung unter den Gästen sorge der erfolgreiche Strukturwandel nach dem Regierungsumzug sowie die schönen Plätze und die riesige Fußgängerzone, berichten die Gästeführer. Auch gelte Bonn als preiswert und sauber, was beispielsweise von Niederländern immer wieder zu hören sei.

Weniger schön fänden die Gäste Angebot und Zustand der Toiletten an den Schiffsanlegern am Rhein; störend wirke auch die wachsende Zahl jener Sorte von Bettlern, die mitten in der Stadtführung auch deren Teilnehmer hartnäckig um Almosen bitten.

In Bad Godesberg, erzählt eine weitere Stadtführerin, falle immer wieder Gästen aus Belgien und Frankreich die große Zahl vollverschleierter Frauen auf; vielfach werde die Frage gestellt, ob das erlaubt sei. In beiden Nachbarländern gilt ein Burka-Verbot.

Doch längst nicht nur Auswärtige haben bei den Führungen der Bonn-Information ein Aha-Erlebnis. Eleonore Schuckmann-Tröder: "Viele Einheimische staunen oft darüber, was sie bei den Rundgängen noch dazulernen."

Das Traditionslokal "Maternus" öffnet am Donnerstag, 25. Oktober, zum letzten Mal seine Türen für Gäste.

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