Amos-Comenius-Gymnasium Abiturient arbeitet Hitler-Zeit auf

BONN · "Versöhnung und Frieden sind Aufgaben, die errungen werden müssen, am besten von unserer Jugend, am besten in den Schulen." Das sagte am Montagabend Oberkirchenrat Klaus Eberl bei der Eröffnung der Themenwoche "Unter Hakenkreuz und Stahlhelm" im evangelischen Amos-Comenius-Gymnasium. Er lobte damit das Engagement des 18-jährigen Jannick Tapken, der seine vierjährige Spurensuche in der deutschen Geschichte genau hier in der Schulaula begonnen hatte.

 Die Kleidung eines Hitler-Fanatikers gleich neben einem KZ-Häftlingsanzug: Der 18-jährige Yannick Tapken hat für die Ausstellung in seiner Schule vier Jahre lang recherchiert und gesammelt.

Die Kleidung eines Hitler-Fanatikers gleich neben einem KZ-Häftlingsanzug: Der 18-jährige Yannick Tapken hat für die Ausstellung in seiner Schule vier Jahre lang recherchiert und gesammelt.

Foto: Friese

"Das hier auf dem Theaterplakat bin ich in der Rolle des Hitlerjungen", zeigt Jannick. "Damals mit 14 habe ich das Thema Holocaust eigentlich noch gar nicht verstanden." Aber mit der Aufführung seiner Lehrer Anette Niefindt-Umlauff und Ian Umlauff habe er begonnen Fragen zu stellen, etwa wo seine eigene Familie in der Nazizeit stand, erzählt Jannick. Er streicht über den harten Stoff des KZ-Häftlingsanzugs, den er in der Ausstellung direkt neben die Kleidung des Hitler-Fanatikers gehängt hat.

Wie berichtet, hatte sich Jannick zu Hause durch Nachlasskartons und Geschichtsbücher gewühlt. Die Eltern unterstützten ihn. Warum stieß er aber in der älteren Generation auf Schweigen? Die Antwort: Der Urgroßvater war 1945 als SS-Soldat Wachmann im KZ Dachau, an der Stätte des Todes für 41.000 Verfolgte des Dritten Reiches.

"Mein Uropa muss gewusst haben, was da passierte", analysierte er damals. Aber wie hätte er, Jannick, sich in dieser Zeit verhalten? Die Frage habe ihn nicht losgelassen und ihn jetzt zu dieser Themenwoche zum 71. Jahrestag der Kapitulation Stalingrads inspiriert. Mit Unterstützung der Konrad-Adenauer- und der Friedrich-Ebert-Stiftung, aber vor allem mit Hilfe vieler Zeitzeugen, Kriegsveteranen und Nachkommen von Widerstandskämpfern und Opfern sammelte er spektakuläres Ausstellungsmaterial.

"Sehen Sie mal, das ist eine originale Emailleschüssel, die von Oskar Schindler geschützte Juden in seiner Fabrik herstellten", zeigt Jannick ein Exponat. Und hier, an diesem Brief eines Soldaten sehe man, wie die Gestapo Teile gezielt abgerissen habe. Weitere Dokumente lassen ins Leben der glaubensstarken Widerstandskämpfer Andreas Hermes und Joseph Wirmer blicken.

Haushaltsgegenstand liegt neben Gestapo-Ausweis, der Brief des verzweifelten Frontsoldaten neben dem Judenstern. Das Eröffnungspublikum ist beeindruckt. Stadtarchivar Norbert Schlossmacher ist da, Servatius Maeßen von der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Kapitän zur See a.D. Klaus-Uwe Wolff und Polizeidirektor a.D. Horst Länger.

Amos-Direktor Christoph Weigeldt hofft, dass die Ausstellung wie das Abendprogramm zur kritischen Reflexion anregen: "Eigentlich schaffen das nur Jugendliche, an einem Ort Exponate über Täter und Opfer so unbekümmert zur Diskussion zu stellen."

Das weitere Programm

Während der Themenwoche "Unter Hakenkreuz und Stahlhelm" des Abiturienten Jannick Tapken im Amos-Comenius-Gymnasium, Behringstraße 27, beginnen die Gespräche jeweils um 19 Uhr. Die Termine:

Dienstag, 4. Februar: Zeitzeugen berichten. Hermann Josef Werhahn (Schwiegersohn Konrad Adenauers) spricht über seine russische Kriegsgefangenschaft; Max Lagoda über Verführung in der Luftwaffe; Hugo Broch über die Glorifizierung als Kriegsheld.

Mittwoch, 5. Februar: Militärischer und christlicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Professor Friedrich-Wilhelm von Hase ("Rache des Regimes") berichtet über seinen Vater General Paul von Hase; Maria-Magdalena Hermes spricht über ihren Urgroßvater Josef Wirmer.

Donnerstag, 6. Februar: Zivilist-Sein im Krieg. Alice Salzborn erinnert an die Bombardierung Bonns am 18. Oktober 1944; Bernd Hartwig redet über den Kriegsdienst als Flakhelfer.

Freitag, 7. Februar: Opfer und Verfolgte. Der ehemalige KZ-Häftling Max Mannheimer berichtet über seine Zeit in Auschwitz und Dachau.

Ausstellung: Sie ist im Amos-Comenius-Gymnasium bis Freitag, 7. Februar, täglich von 16 bis 19 Uhr zu sehen. Eine Führung gibt es jeweils von 18.15 bis 18.45 Uhr. Anmeldung für Vormittagstermine (auch für Schulklassen) per E-Mail an jannick.tapken@gmx.de oder an niefindt-umlauff@acg-bonn.de oder unter der Rufnummer 0228/321037.

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