Geisterzug nach Köln 22 Passagiere waren ab Mehlem im Zug gefangen

Mehlem/Bonn · Es war eine rätselhafte Fahrt mit der RB 48: 22 Passagiere steigen in Mehlem in den Zug, doch der hält an keinem Bahnhof. Die Passagiere ziehen die Notbremse - doch es tut sich nichts. Bis der Zug plötzlich auf freiem Feld bei Köln stoppt.

Diese Zugfahrt nach Bonn werden Monica Müller-Chorus und ihr Mann nicht vergessen: Sie stiegen am Montagmorgen mit anderen Fahrgästen in Mehlem in den Regionalzug ein. Doch anstatt an den üblichen Bahnhöfen zu halten, fuhr er immer weiter – bis nach Köln. Es war weit und breit kein Schaffner in der Nähe, Alarmknöpfe und Notbremse funktionierten nicht.

„Das war in der Tat ein Abenteuer“, sagten die 80-Jährige und ihr zehn Jahre älterer Mann, die in der Stadt zum Arzt wollten. Wie viele andere Fahrgäste kennen sie das: Die Regionalbahn 48 kommt aus Wuppertal in Mehlem an und macht dort ein paar Minuten Pause. In der Zeit können die Leute aber schon einsteigen, was beim nasskalten Wetter am Montag auch jedem recht war.

Sie schöpften trotz Verspätung keinen Verdacht, dass mit dem Ersatzfahrzeug von National Express, einem roten Doppelstöcker der Deutschen Bahn, irgendetwas nicht stimmte. Zumal bei Ankunft auch jede Menge Leute an der Endstation ausstiegen. So setzte sich also auch das Ehepaar Müller-Chorus ins Warme. Dass auf den Anzeigetafeln außen am Zug – warum auch immer – „Fußball“ stand, hatte niemand bemerkt. Es habe auch nur die Durchsage gegeben, dass der RB48 mit zehnminütiger Verspätung losfahren werde.

Kein Kontakt zum Zugführer

„Um 8.49 Uhr bleibt die digitale Zeit- und Reiseroutenanzeige in unserem Waggon stehen“, erinnert sich die Niederbachemerin. Ein Reisender, der einen anderen Zug nehmen wollte, konnte nicht raus, weil sich die Tür nicht mehr öffnete. Dann ging es los, immer schneller und ohne Stopps in Godesberg, Bonn, Bornheim, Brühl und Kahlscheuren. „Mein Mann und ich sind bis zur Spitze des Zuges vorgedrungen, um Kontakt zu dem Lokomotivführer aufzunehmen“, sagt Monica Müller-Chorus. Ohne Erfolg, denn ganz vorne hing eine separate Lokomotive. Die Alarmknöpfe und Notbremse hätten nicht reagiert. Per Handy erreichte jemand die Polizei und dann den Streckenwart. Kurz darauf gingen im Zug die Lichter und Klimaanlagen aus, und er blieb auf freier Strecke stehen. Eine Tür ließ sich dann öffnen. Gerhard Müller-Chorus lief zur Lokomotive und konnte da Kontakt mit dem Fahrer aufnehmen.

Es stellte sich heraus, dass der Zug auf dem Weg ins Depot war. „Ich habe eine Störung, die muss ich erst beheben, ehe wir weiterfahren können“, meinte der Lokführer und fuhr dann nach Köln-Süd. „Wir begannen zu frotzeln und zu lästern, und die unterschiedlichsten Leute verstanden sich auf der Rückfahrt nach Bonn ganz prächtig“, so die Wachtbergerin. „Dass so was in Deutschland passiert, hätte ich nicht gedacht“, sagte ein Japaner. Warum am Montagmorgen ein Fußballzug unterwegs war, wusste er wie alle anderen auch nicht.

Es gab mehrmalige Durchsagen

National-Express-Sprecherin Cansu Erdogan teilte mit, es habe sich um eine Leerfahrt des angemieteten DB Regio-Zugs von Mehlem in die Abstellung nach Köln-West gehandelt – daher auch keine Zwischenhalte. Der Lokführer habe durch mehrmalige Durchsagen darauf hingewiesen, dass die Fahrt in Mehlem ende und alle aussteigen müssten. An der Außenseite habe es keine Linienbezeichnung gegeben.

Als der Fahrer in Mehlem vom Steuerwagen in die Lok wechselte, „hat er keine sich im Fahrzeug befindlichen Personen feststellen können“, so Erdogan. Am Fahrerstand habe er dann keine Möglichkeit, in die Waggons zu schauen. Er habe unterwegs festgestellt, dass die Türnotentriegelung betätigt wurde, „woraufhin er den Zug gestoppt und die Reisenden bemerkt hat“, sagt die Sprecherin. „Zu dem Missverständnis mit der Fußballsonderfahrt kam es wahrscheinlich aufgrund eines technischen Fehlers beim Fahrgastinformationssystem des Zuges.“ Es habe „Leerfahrt“ heißen müssen.

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