Stadtwald Bad Godesberg „Forstwirtschaft ist Naturschutz“

Bad Godesberg · Städtische Experten und Vertreter des Naturparks Rheinland verteidigen den Holzeinschlag im Kottenforst. Es handele sich um ordnungsgemäße Waldwirtschaft nach den Vorgaben des Naturland-Zertifikates, betont das Amt für Stadtgrün.

 Holzstapel sind im Kottenforst kein seltener Anblick. Diese liegen am Ende der Venner Straße auf dem Weg zum Waldkrankenhaus.

Holzstapel sind im Kottenforst kein seltener Anblick. Diese liegen am Ende der Venner Straße auf dem Weg zum Waldkrankenhaus.

Foto: Katharina (FM) Weber

Im Februar 2013 wurden Teile des Stadtwalds in Bad Godesberg vom Landschafts- zum Naturschutzgebiet umgewandelt. Für Besucher heißt das: Auf den angelegten Wegen bleiben und Hunde anleinen. Bemühungen der Bad Godesberger, diese Verbote wieder rückgängig zu machen, hat die Stadt Bonn zwar zur Kenntnis genommen, an den durch den „Landschaftsplan Kottenforst“ in Kraft getretenen Umständen aber nichts geändert. Das Argument: Flora und Fauna fühlten sich gestört. Gleichzeitig wird der Wald forstwirtschaftlich genutzt. Viele Bürger finden das zynisch.

So zum Beispiel Gerhard Wolf. In einer Stellungnahme wandte er sich im Oktober erneut an die Bezirksvertretung und den Ortsausschuss Schweinheim. Die Wege, die die Stadt als „Trampelpfade“ abtut, würden seit Jahrzehnten von den Godesbergern genutzt, teilweise seien sie ausgezeichnet und in topografischen Karten vermerkt. Abseits der Wege laufen sei ein Problem, nicht aber „Harvester, Planierraupe und 30-Tonner“, die zur Holzernte auffahren. Diese würden den Boden verdichten und tiefe Mulden in den Wegen hinterlassen.

Um das Holz abzutransportieren, würden Schneisen in den Wald geschlagen. „Die forstwirtschaftliche Nutzung des Walds konterkariert den Naturschutzgedanken“, schlussfolgert Wolf.

Das Amt für Stadtgrün erklärte auf Anfrage, dass „die ordnungsgemäße Waldwirtschaft nach den Vorgaben des Naturland- Zertifikates“, so wie sie im Stadtwald durchgeführt wird, „nicht den generellen Vorgaben eines Naturschutzgebietes“ widerspricht. Vielmehr sei der Waldbau ein aktiver Teil des Waldschutzes. Die Bodenverdichtung würde minimiert, da die Rückewege 40 bis 50 Metern Abstand hätten, nicht wie sonst üblich nur 20. Furchen und Löcher im Waldweg „werden nach jedem Tag mit dem Polterschild am Schlepper abgezogen, sodass keine Unfallgefahren vorliegen. Am Ende der Maßnahme wird der Wegekörper untersucht und bei Bedarf saniert“, so das Amt.

Eine solche Sanierung nimmt das Amt seit dem 8. November im Stadtwald an drei Stellen in Angriff: der Weg der Artenvielfalt sowie die Winzerstraße auf dem Venusberg und der Dicke Weg auf dem Brüser Berg. Ferner wies das Amt darauf hin, „dass im Bereich Godesberg sowohl Privat-, Landes- und Kommunalwald aneinander grenzen und für Außenstehende diese Aufteilung nicht sichtbar ist“.

Auf Anfrage erklärte Harald Sauer, Geschäftsführer des Naturparks Rheinland, dass nachhaltige Waldnutzung auch im Naturschutzgebiet möglich sei, wenn nur einzelne Bäume entnommen würden. „Die Eingriffe sind punktuell und zeitlich stark umrissen“, erklärte er. Im Kottenforst findet die Ernte von Oktober bis maximal März statt. Hunderte Spaziergänger, Jogger und Fahrradfahrer, die sich das ganze Jahr über abseits der Wege aufhielten, stellten „eine ganz andere Belastung“ für die Natur dar.

„Alle wollen den Wald nutzen, doch damit wir in Zukunft noch etwas vom Wald haben, müssen sich auch alle an die Regeln halten“, warb er für Verständnis. Außerdem gebe es in den Wäldern immer auch sich selbst überlassene Flecke, an denen sich Arten ungestört ausbreiten könnten. Im Kottenforst zählten dazu eine Vielzahl an Specht- und Fledermausarten in der Luft, Reptilien und Amphibien in den Teichen.

Doch Kompromisse zwischen Bürgern und Stadt seien möglich, weiß Sauer. An der Waldau wurde 2015 überlegt, den Zugang zu den beliebten Kopfbuchen zu verbieten, denn die alten, teilweise umsturzgefährdeten Bäume waren ein Sicherheitsrisiko für die Besucher. Statt „Betreten Verboten“-Schildern installierte der Naturpark Rheinland einen Steg mit Aussichtsplattform. So werden die Bäume wirksam geschützt, ohne den Menschen den Zugang zu verwehren.

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