WCCB-Prozess Zeuge Hong: "Weiß ich nicht"

BONN · Wieder ein Zeuge im Prozess um das World Conference Center Bonn (WCCB): keine Regung im Gesicht, schmallippig, sachlich. Geboren in Seoul, Südkoreas Hauptstadt, weder verwandt noch verschwägert mit den Angeklagten Man-Ki Kim (WCCB-"Investor") und Ha-S. C. (Kim-Anwalt), beide ebenfalls in Seoul geboren. Der Zeuge heißt Young-Ho Hong und war WCCB-Bauchef.

Er spielt in Prüfberichten und Akten eine schillernde Rolle, wirkt vor Gericht eher unspektakulär. Seine häufigsten Antworten: "Weiß ich nicht" oder "Ich erinnere mich nicht."

Zur WCCB-Vita Hong gehören - unter anderem - zwei Aufenthalte in U-Haft sowie eine gerichtliche Einigung mit Insolvenzverwalter Christopher Seagon. Die Parteien stritten über "die Rechtmäßigkeit und Höhe von Architektenhonoraren" oder "vermeintlich überhöhte Abrechnungen". Schließlich zahlte Hong nach GA-Informationen 3,5 Millionen Euro an Seagon - "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht und zur Vermeidung einer langjährigen gerichtlichen Auseinandersetzung", so die Anwälte. Also ein klassischer Deal.

Hong gilt weiter als unbescholtener Bürger. Möglich, dass er in einigen Monaten angeklagt wird. Noch laufen die Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und Bestechung im besonders schweren Fall. Gestern war er nur Zeuge. Hong hat einen Anwalt mitgebracht. Die Richter versuchen nicht nur Sachverhalte aufzuhellen, sondern auch das Beziehungsgeflecht zwischen Hong, Kim und C.. Hong über Kim: "Er war irgendwie der Patron."

Er habe eine "kulturell bedingte Hemmschwelle" gegenüber ihm empfunden. Kim sei "charismatisch, ein Präsentator mit riesiger Überzeugungskraft". C. habe Hong "Herrn Kim als extrem wohlhabenden Menschen" dargestellt - als "stinkreichen Menschen". Er habe ihn aber als "Menschen kennengelernt, der gerne einlädt, aber nicht bezahlt".

"Ein sehr langer Freund"

Hong über C.: "Ein sehr langer Freund." Man habe sich bereits im Alter von neun Jahren in Berlin kennengelernt. C. habe beim WCCB-Projekt eine "wichtige Rolle gespielt, er war der Verhandlungsführer gegenüber der Stadt". Als C. in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen sei, "so 2005, 2006 und 2007" (Anm. d. Red.: mitten in der heißen WCCB-Phase), habe er C. mehrere Darlehen gegeben. Einmal 200 000 Euro. Um die Kaution für die Entlassung aus seiner U-Haft zahlen zu können, habe C. ihm umgekehrt 80 000 Euro geliehen. Richter: "Haben Sie die Beträge verrechnet?" Hong: "Nein, das lief getrennt."

Bohrende Fragen im Saal S0.11 des Landgerichts. Sie gehen dem unausgesprochenen Verdacht nach, dass die Darlehen für C. keine Darlehen waren. Auf der Anklagebank sitzt auch Michael Thielbeer, der mutmaßlich im geschäftlichen Verkehr Bestochene; er soll der Stadt "Investor" Kim samt SMI Hyundai vom vermeintlichen Weltkonzern empfohlen haben. Nun geht es um eine 31 000-Euro-Rechnung, die eine von Hongs Firmen bezahlt haben soll. Richter: "Darauf steht “Dr. The„." Hong: "Ich kann damit nichts anfangen." Manchmal verstrickt sich Hong auch in Widersprüche - so sehr, dass auch einem Richter der Kragen platzen kann.

Richter: "Da frage ich mich, was ich von ihrer Aussage zu halten habe." Hong: "Man kann sich auch irren." So geht es immer weiter. Frage, Antwort, Frage, "Weiß ich nicht", Frage, "Erinnere ich mich nicht". Als der Richter fragt, ob bei einem bestimmten Treffen auch Bonns Ex-OB Bärbel Dieckmann dabei gewesen sei, gibt es eine Überraschung. Denn Hong schweigt. Spannende 30 Sekunden. Dann: "Kann ich nicht sagen." Er schiebt nach: "Ich durfte die OB nicht treffen, das wäre hierarchiemäßig nicht in Ordnung gewesen."

Irgendwann dürfen die Strafverteidiger ran. Walther Graf, Kims "Abwehrwaffe", geht gewohnt unverblümt zur Sache: "Haben Sie einen Deal mit der Staatsanwaltschaft, damit Sie hier heute aussagen?" Hong: "Nein." Graf: "Hat Ihr Verteidiger mit der Staatsanwaltschaft gesprochen?" Hong: "Weiß ich nicht." Graf: "Haben Sie die Akten gelesen?" Hong: "Nur überflogen, das würde ich psychisch nicht verkraften."

Young-Ho Hong: Eine der WCCB-Schlüsselfiguren

Young-Ho Hongs Baufirma SMI Hyundai Europe hat nach dem Bericht des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) beim WCCB zahlreiche Rechnungen überhöht oder doppelt gestellt, was dem Städtischen Gebäudemanagement (SGB) jedoch offiziell nicht auffiel.

Aus dem Insolvenzverwalterbericht zur SMI Europe geht hervor, dass die Firma auch sechsstellige Darlehen an SMI-Hyundai-Filialen in Dubai und in den USA sowie an WCCB-"Investor" Kim selbst vergab. Experten schätzen, dass 15 bis 40 Steuerzahler-Millionen zweckentfremdet wurden und damit für den WCCB-Bau nicht mehr zur Verfügung standen. In der frühen WCCB-Bauphase kam es zudem zu einem Zerwürfnis zwischen Kim und Hong.

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