"Weiße Mäuse" drehten bei Adenauer auf

Italiens Präsident auf der falschen Spur - Die früheren Eskorten-Fahrer der Polizei trafen sich zum 50. Mal

"Weiße Mäuse" drehten bei Adenauer auf
Foto: Max Malsch

Bonn. Sie haben Kaiser, Könige Präsidenten und Minister begleitet. Wie viele es waren, und wie viele Kilometer sie dabei zurückgelegt haben, weiß keiner der ehemaligen Eskortenfahrer der Bonner Polizei, aber die Erlebnisse mit den Staatsoberhäuptern dieser Welt haben sie nicht vergessen.

Unter dem Motto "Weeste noch?" haben sich die wegen der Farbe ihrer Uniformjacken genannten "Weißen Mäuse" jetzt zum 50. Mal getroffen. 25 ehemalige Kradfahrer waren dabei, darunter Organisator Heinz Dani, Gustav Drees, Manfred Hallier, Jakob Jonen und Klaus Rohder.

Der älteste der Truppe ist Tonis Hunold mit 95 Jahren. Er konnte nicht kommen. Früher hatte er seine Truppe immer ermahnt: "Meine Herren, keine Fotos von den Staatsgästen." Doch diese Anweisungen überhörten die Kollegen geflissentlich und drückten bei Konrad Adenauer, der Queen und Leonid Breschnew genauso auf den Auslöser wie beim König von Tonga, dem Präsidenten von Burundi und beim äthiopischen Kaiser Heile Selassi.

Auch die Aufforderung, sich an die Geschwindigkeit zu halten, überhörten die "Weißen Mäuse" dann und wann schon mal und waren schneller als die Polizei erlaubt. Auch weil es nicht anders ging. So auf einer Fahrt mit Konrad Adenauer und Charles de Gaulle.

Der Bundeskanzler fragte, ob er hier spazieren fahren würde. Dani gab das an den Spitzenfahrer weiter. Und der gab Gas. "Wir und die Fahrer Adenauers und de Gaulle haben so aufgedreht, dass die Begleitfahrzeuge abgehängt wurden", erinnert sich Dani.

Die Eskortenfahrer waren immer für die Staatsgäste da; bei Wind und Wetter. Nicht immer war es angenehm. Hallier berichtet vom Staatsbesuch des französischen Präsidenten Giscard d'Estaing: "Es hat so geschüttet, dass wir nur 40, 50 Stundenkilometer schnell fahren konnten. Uns lief nachher das Wasser aus Stiefeln und Handschuhen."

Geschwitzt hat Hallier bei Italiens Staatspräsident Alessandro Pertini. Es sei ausgemacht gewesen, dass die 15-er Eskorte am Autobahnkreuz Meckenheim ausscheren, die Kolonne mit Pertini aber weiter auf die A 61 Richtung Gymnich fahren sollte. Doch plötzlich sei der Wagen mit dem Präsidenten hinter den Krädern hergefahren. Hallier sprach den Fahrer mehrfach über Funk an, doch der hörte ihn nicht.

Und so stellte sich Hallier einfach auf die Autobahn und rief so laut er konnte: "Was ist denn hier los?" So sei es gelungen, Pertini auf die richtige Spur zu bringen. Ursache der Falschfahrt: Der Präsidenten-Fahrer hatte den falschen Funkkanal eingestellt.

Hektisch wurde es oft bei der Zeiteinteilung. Eine "Weiße Maus" erinnert sich an Kanzler Helmut Kohl: "Bei dem durfte man keine zehn Sekunden zu früh ankommen." In solchen Situationen "haben wir Stehversuche auf der Straße gemacht". Die Eskorten-Fahrer, darin sind sich alle einig, waren ein verschworener Haufen und sind es geblieben. Mit Blick auf die Polizei heute sagt Dani: "Es wird alles viel zu ernst genommen. Einen Zusammenhalt, wie wir ihn hatten, gibt es nicht mehr."

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