Was passierte auf der Nerzfarm?

Betreiber verklagt Tierschützer nach dem Tod von mehr als 1000 Tieren

Sankt Augustin/ Bonn. Mit einem spektakulären Fall muss sich derzeit das Bonner Landgericht beschäftigen: Der Betreiber einer Nerzfarm aus dem westfälischen Hörstel im Kreis Steinfurt hat den Filmemacher Jan Peifer aus Sankt Augustin auf die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von knapp 22 000 Euro verklagt.

Der Grund: Im Mai 2007 soll der ungebetene Besuch des 31 Jahre alten Journalisten samt Kamerateam und mehreren Tierschützern ein Massensterben unter den Nerzen verursacht haben. Insgesamt, so der Vorwurf des Züchters, seien aufgrund der entstandenen Unruhe und des Stresses 35 Muttertiere und 1350 gerade geborene Jungtiere verendet. Am gestrigen ersten Verhandlungstag befragte das Gericht stundenlang Zeugen zum Ablauf des fraglichen Tages.

So schilderten die 47 Jahre alte Ehefrau des Züchters und ein 27-Jähriger, der damals auf der Nerzfarm gelegentlich gearbeitet hatte, dass die Gruppe um den Beklagten trotz eines Verbotsschildes etwa ein bis zwei Meter vor den ersten Käfigen mit den Nerzen gestanden und die Zeugen "laut" beschimpft hätten.

Deswegen seien die Muttertiere unruhig geworden, sie seien hin und hergelaufen, so die 47-Jährige. Die Frau des Züchters sprach von einem "Dominoeffekt" - die Aufregung habe sich auf die gesamten Käfige in dem Stall ausgedehnt.

Als die Tierschützer sich geweigert hätten zu gehen und auch keine Ausweise hätten zeigen wollen, habe man das Hoftor verschlossen und die Polizei gerufen - die erst anderthalb Stunden später gekommen sei. Die Dauer der Aktion direkt vor dem Stall wurde von den beiden Zeugen auf zehn bis 20 Minuten geschätzt.

Ein Zeuge aus der Gruppe um den Journalisten gab an, es seien lediglich drei bis vier Minuten gewesen. Man habe in "erhöhter Zimmerlautstärke" gesprochen. "Es wurde nicht geschrien", so der 25-Jährige.

Der hinzugezogene Gutachter konnte keine Wahrscheinlichkeit nennen, mit der die Tierschützer und das Filmteam Schuld am Tod der Nerze sind. Er bestätigte, dass Nerze gerade zur Zeit der Geburt besonders stressempfindlich sind. Allerdings gebe es auch immer wieder andere Ursachen für Massensterben, wie zum Beispiel Infektionskrankheiten.

Er bemängelte, dass er nicht genug Material für eine konkrete Aussage gehabt habe. Offenbar hatte der Züchter keine Fotos der toten Tiere gemacht. Zudem habe es der Kläger versäumt, unmittelbar nach den Vorfällen einen Tierarzt hinzuzuziehen.

Im November wollen die Richter nun entscheiden, wie der Prozess weitergeht. Für den Filmemacher hat die Klage allerdings einen ganz anderen Grund. In Wahrheit gehe es den Lobbyisten der Massentierhaltung darum, ihn mundtot zu machen. Seit Jahren habe er immer wieder Skandale in Sachen Tierschutz aufgedeckt. Seine Vermutung: "Es waren offensichtlich zu viele."

In einem Parallelverfahren vor dem Duisburger Landgericht hatte der Nerzzüchter auch einen der beteiligten Tierschützer auf die Zahlung von Schadensersatz verklagt - die Klage wurde jedoch vor kurzem abgewiesen.

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