Nach der tödlichen Attacke auf Niklas P. Videoüberwachung - ja oder nein?

Bonn · Bisher werden in Bonn nach Auskunft der Stadt und der Polizei keine öffentlichen Straßen und Plätze per Videotechnik beobachtet. Nun stellt sich die Frage, ob das geändert werden soll.

 Polizei und Stadt prüfen derzeit, ob es in Bonn bald mehr Videoüberwachung geben wir.

Polizei und Stadt prüfen derzeit, ob es in Bonn bald mehr Videoüberwachung geben wir.

Foto: picture alliance / dpa

Nach der tödlichen Attacke auf Niklas P. in unmittelbarer Nähe des Bad Godesberger Bahnhofs wird diskutiert - über mehr Polizeipräsenz, über Präventionsangebote und über Videoüberwachung. Von "mehr" kann dabei in Bonn nicht gesprochen werden. Denn nach Angaben der Stadt sowie der Polizei gibt es in der Bundesstadt bisher keine Videotechnik, mit deren Hilfe öffentliche Straßen und Plätze beobachtet werden.

In Bussen, Bahnen und im Hauptbahnhof sieht das anders aus. Laut Veronika John, Sprecherin der Stadtwerke (SWB), sind sämtliche Busse und fast alle Bahnen mit Kameras ausgestattet, die Haltestellen jedoch nicht. Zwar werden die U-Bahnhöfe beobachtet, oberirdisch aber würden die Kameras "zu viel öffentlichen Raum abbilden". Das lasse das Datenschutzgesetz nicht zu. Im Normalfall würden die Bilder 48 Stunden lang aufgehoben, besteht die Vermutung, dass eine Straftat begangen wurde, können die Fahrer das Material per Knopfdruck sichern, erklärt John.

Allerdings: "Wir haben keinen Zugriff auf die Bilder, geben diese aber auf Anfrage der Polizei an die Staatsanwaltschaft weiter." Insgesamt haben die SWB 310 Kameras im Einsatz, die Bahnsteige am Hauptbahnhof sind mit 24 Kameras ausgestattet. Ob die Busse und Bahnen durch die Videoüberwachung sicherer geworden sind, kann John nicht sagen. "Wir führen keine Statistik."

Videotechnik schrecke potenzielle Straftäter ab, helfe bei der Identifizierung von Kriminellen und steigere das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste, heißt es von der Bundespolizei. Die Beamten arbeiten zum Beispiel an den Bahnhöfen Hand in Hand mit der Deutschen Bahn und sichten (und sichern) das Bildmaterial der bahneigenen Kameras, wenn der Verdacht einer Straftat besteht.

5000 Kameras an gut 700 Bahnhöfen im Einsatz

In erster Linie dienten diese Kameras "der Beobachtung und Überwachung betrieblicher Abläufe und zur Hausrechtswahrung", so die Bahn, die mit dem Bundesinnenministerium ein Zehn-Jahres-Programm entwickelt hat: Bis 2023 soll die Videotechnik an Bahnhöfen für 85 Millionen Euro modernisiert und ausgebaut werden.

Derzeit sind nach Angaben des Unternehmens rund 5000 Kameras an gut 700 Bahnhöfen im Einsatz, so auch in Bonn; Beuel und Bad Godesberg gehören nicht dazu. Es gibt kommunalpolitische Bestrebungen, das zu ändern. So ist die Videotechnik heute Abend erneut Thema in der Bad Godesberger Bezirksvertretung. Ob die Polizei die Technik einsetzen darf, regelt das Landespolizeigesetz. Demnach dürfen Kameras zum Einsatz kommen, wenn Orte als Kriminalitätsschwerpunkte ausgemacht worden sind.

"Die Kameras dürfen allein der Verhinderung von Straftaten dienen und nicht zu einer Verlagerung der Kriminalität an andere Orte führen", so das NRW-Innenministerium. Dann darf das Areal beobachtet, die Bilder aufgezeichnet und für 14 Tage gespeichert werden. Im Bundespolizeigesetz ist die Frist mit maximal 30 Tagen angegeben. Bei Bedarf dürfen die Bilder länger gesichert werden, etwa wenn sie als Beweis in einem Strafverfahren dienen. Die Erlaubnis ist auf ein Jahr befristet und kann jahresweise verlängert werden.

Kritik von der CDU

Kritik an dem Gesetz kommt von der Landes-CDU. In Nordrhein-Westfalen seien die rechtlichen Hürden für die Videobeobachtung zu hoch, stellt die Unionsfraktion um Armin Laschet fest, die einen Antrag an den Landtag gestellt hat. Man wünscht sich von der Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Neufassung des Polizeigesetzes, der "eine offene polizeiliche Videobeobachtung - nach dem Vorbild der Polizeigesetze zahlreicher anderer Bundesländer - auch an Orten ermöglicht, die keine Kriminalitätsbrennpunkte im Sinne der bisherigen Rechtslage darstellen".

Ob Kameras zum Einsatz kommen, entscheidet der zuständige Behördenleiter. In Bonn ist das Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa, deren Behörde momentan in Abstimmung mit der Verwaltung das Stadtgebiet unter die Lupe nimmt. Und so herausfinden will, ob und wenn ja wo Videokameras in Bonn installiert werden. Nach GA-Informationen sind bestimmte Areale im Blick, zum Beispiel der Bertha-von-Suttner-Platz und das Rondell an der Rheinallee, wo Niklas P. und seine Freunde angegriffen wurden.

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