Fall Regine P. Staatsanwalt: Mord ist nicht zu beweisen

BONN · Mehrjährige Haftstrafe für die Tötung der Journalistin Regine P. gefordert. Am Mittwoch wird das Urteil verkündet.

Dass die Tötung der Bonner Journalistin Regine P. im Juli 1992 kein Mord war, darin waren sich Staatsanwalt Jens Schindler und Verteidiger Carsten Rubarth am Dienstag im Prozess vor dem Landgericht einig. In seinem Plädoyer vor der Jugendschwurgerichtskammer forderte der Ankläger, den heute 37 Jahre alten Beschuldigten wegen versuchter Vergewaltigung mit Todesfolge sowie Körperverletzung mit Todesfolge zu einer fünfeinhalbjährigen Jugendstrafe zu verurteilen.

In den Augen des Staatsanwalts ist der zunächst erhobene Vorwurf des Mordes aus Verdeckungsabsicht nicht zu beweisen. Der zur Tatzeit gerade 18 Jahre alt gewordene Angeklagte hatte gestanden, dass er die Mutter seines besten Freundes damals im Drogenrausch vergewaltigen wollte.

Er sei maskiert auf die schlafende 46-Jährige zugegangen, doch die Frau habe sofort angefangen zu schreien. Als er ihr den Mund zuhalten wollte, hatte sie ihm seinen Angaben zufolge fest in die Hand gebissen. Im folgenden Kampfgeschehen war die Journalistin bewusstlos geschlagen worden. Der anschließende Versuch, das am Boden liegende Opfer zu vergewaltigen, gelang offenbar nicht. Daraufhin will der 37-Jährige die Wohnung verlassen haben. In seiner Einlassung hatte der Diplomatensohn beteuert, dass er davon ausgegangen war, dass Regine P. wieder zu sich kommen werde.

Die 46-Jährige war jedoch gestorben. Woran, konnte nicht genau geklärt werden. Es sei "naheliegend und wahrscheinlich", so Schindler, dass die Frau an einem während des Kampfes um den Kopf gewickelten Bettlaken erstickt sei. "Es verbleiben Zweifel, dass ihm die lebensbedrohende Situation von Regine P. bewusst gewesen ist." Der Sohn des Opfers hatte die bereits teilweise verweste Leiche seiner Mutter vier Tage nach der Tat gefunden, als er aus dem Internat nach Hause gekommen war.

Vom Ankläger wurde dem gelernten Koch unter anderem vorgeworfen, dass er die Angehörigen fast 20 Jahre darüber im Unklaren gelassen hatte, was genau passiert war und wer der wirkliche Täter ist. Erst eine Auswertung alter DNA-Spuren hatte im vergangenen August zur Verhaftung und der folgenden Untersuchungshaft des vor und nach der Tat straffrei gebliebenen Mannes geführt.

Der Verteidiger forderte für seinen Mandanten eine milde Strafe, die deutlich niedriger als fünfeinhalb Jahre sein solle. Rubarth betonte, dass der Angeklagte selber unter der Schuld "20 Jahre erheblichst gelitten" habe. Dass der 37-Jährige kurz vor der 20-jährigen Verjährungsfrist freiwillig eine Speichelprobe abgegeben habe, müsse besonders strafmildernd gewertet werden.

Nach Meinung des Verteidigers liegt kein Haftgrund mehr vor. Er beantragte die Aufhebung des Haftbefehls. In seinem letzten Wort äußerte der Angeklagte seine Hoffnung, dass ihm die Angehörigen irgendwann verzeihen können. Das Urteil soll am Mittwochmittag verkündet werden.

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