Warnstreik in Bonn So erlebten zwei Busfahrer und eine Pendlerin den Tag

BONN · Mittwochmorgen um 2.30 Uhr hat Frank Kübler vom Betriebsrat der Stadtwerke Bonn (SWB) an der B9 in Friesdorf alles dicht gemacht. Er musste sich keine Sorgen machen, dass irgendein Kollege vom Betriebshof fuhr. Die Busfahrer halten im 48-Stunden-Streik zusammen.

Nur die rund 30 Busse der Regio-Bus-Rheinland (RBR) sind wegen ihres Haustarifvertrags im Einsatz. Sie werden grundsätzlich rausgelassen, "sonst machen wir uns strafbar", sagte Kübler gestern. Auch rein: "Hat hier jemand Pizza Capriciosa", rief ein Fahrer den streikenden SWB-Mitarbeitern zu.

Markus Römer ist seit zwei Jahren Fahrer bei der SWB-Tochter Fahrbetrieb Bonn GmbH (FBG). Der Lannesdorfer muss - je nach Schicht, die er fährt - mit 1400 bis 1600 Euro netto pro Monat auskommen. Der 25-Jährige hat eine sechsjährige Stieftochter, seine Frau verdient Geld als Küchenhilfe in einer Schule.

"Ich möchte meiner Familie was gönnen", antwortet Römer auf die Frage, warum er für ein höheres Gehalt streikt. Er muss seinen Kleinwagen, Wohnung und die Nebenkosten bezahlen. "Das steigt Jahr für Jahr." Am Ende soll mehr übrig sein, damit er in diesem Sommer mit seiner Familie für eine Woche nach Holland fahren kann. Römer hat jetzt 26 Tage Urlaub, hofft auf 30 - für ihn auch ein lohnenswertes Ziel.

Solidarisch zeigt sich Franz-Peter Lützler (57), seit 34 Jahren bei den SWB, und wünscht sich, dass die jungen FBG-Kollegen gleichgestellt werden. Er habe mehr Grundgehalt als diese, "die haben aber dieselben Arbeitsbedingungen und denselben Stress. Das ist doch Blödsinn." Mit seinen 2100 Euro in der Tasche ist Lützler gar nicht so unzufrieden. Der Bornheimer hofft vor allem, dass die Ruhe bis zum nächsten Dienst von zehn auf zwölf Stunden ausgedehnt wird, um mehr Zeit für seine Frau und die Tochter zu haben - und mehr Schlaf.

Genug Schlaf hatte Valentina Poprugin am Mittwoch, denn die 24-Jährige hatte Spätdienst beim Stadtbrotbäcker am Münsterplatz und musste deshalb nicht so früh aufstehen. Wegen des Streiks ist sie dennoch deutlich früher als sonst von ihrem Wohnort Spich in Richtung Bonn gestartet. Rund vier Stunden vor Dienstbeginn, um 10.10 Uhr hat sie die S12 Richtung Troisdorf genommen.

"Die hatte schon mindestens eine halbe Stunde Verspätung", sagt sie. Von Troisdorf aus ging es dann weiter mit der Regionalbahn nach Beuel. Auch dieser Zug hatte laut Poprugin Verspätung. "Bis zum Konrad-Adenauer-Platz bin ich zu Fuß gegangen. Dort hatte ich dann großes Glück, dass ein Bus der Linie 537 fuhr." Gegen 13 Uhr hatte sie dann den Hauptbahnhof erreicht. Immerhin ist die junge Frau pünktlich zur Arbeit erschienen.

"Ich habe zwar Verständnis für die Streikenden. Aber ich zahle fast 70 Euro im Monat für ein Bahnticket und habe an solchen Tagen die Arschkarte gezogen", klagt sie. "Und bald erhöhen sie bestimmt wieder die Preise." Seit drei Jahren arbeitet Poprugin in der Bäckerei. Normalerweise fährt sie von Siegburg mit der Linie 66. "Jeden Tag würde ich das mit dem Streik nicht durchhalten."

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