Schwester Hugonis ist nicht vergessen

Der Förderverein der Jugendhilfeeinrichtung in Schweinheim löst sich nach 25 Jahren auf - Heimleitung weist Kritik an der pädagogischen Ausrichtung zurück

Schwester Hugonis ist nicht vergessen
Foto: Friese

Schweinheim. "Damals war ein Engel der Begeisterung in uns." Das sagte Schwester Hugonis, die ehemalige Leiterin des Hermann-Josef-Hauses (HJH), im Jahr 2002 anlässlich des 20. Jubiläums des HJH-Fördervereins. Seine Hauptaufgabe war die Einwerbung von Spendengeldern, mit denen Angebote wie die Ski- oder die Reitfreizeiten finanziert wurden.

Vieles hat sich seitdem verändert. Ende 2005 hat Schwester Hugonis, sehr zum Bedauern vieler Heimbewohner, Ehemaliger und Förderer, nach 30 Jahren das Jugendhilfezentrum verlassen und ist in das Mutterhaus ihrer Schwesternschaft zurückgekehrt. Und jetzt hat sich der Förderverein im Rahmen einer Mitgliederversammlung aufgelöst. 14 anwesende Mitglieder (von insgesamt 49) hätten der Auflösung einstimmig zugestimmt, berichtete Schatzmeister und Schriftführer Frank Steinke dem GA.

Viele Mitglieder hätten nicht zu der Versammlung erscheinen können, betonte Steinke, doch habe er auch telefonische Ja-Stimmen eingeholt, versuchte er den repräsentativen Charakter der Entscheidung zu belegen. Ausschlaggebende Gründe für den Schlussstrich seien die Überalterung des Vereins, der Rückgang der Mitgliederzahlen, aber auch Unzufriedenheit mit der pädagogischen Ausrichtung des HJH durch die seit Januar 2005 amtierende Leiterin.

Der Rückgang der Mitgliederzahl von ehemals rund 100 auf nunmehr 49 sei, so Steinke, eine Folge des Rückzugs von Schwester Hugonis gewesen. "Schwester Hugonis ist nicht freiwillig gegangen", sagte Steinke. Die Austritte hätten den Protest gegen diese Personalie zum Ausdruck gebracht.

Das in der Folge von der Hausleitung vertretene Konzept habe ein Teil der Mitglieder des Fördervereins nicht mehr vertreten können, was schließlich zu dem Auflösungsvotum geführt habe. Es gebe keine "Beziehungsarbeit" mehr im HJH, fasste Steinke die Kritik zusammen: "Nähe zuzulassen, gilt jetzt als unprofessionell."

Die Auflösung des Fördervereins "bedauern wir sehr", kommentierte HJH-Leiterin Susanne Beckschwarte die neue Situation auf Anfrage. Aber dass sie und ihr Team "eine andere Pädagogik" vertreten würde, sei "Unsinn". "Selbstverständlich gibt es weiterhin Bezugspersonen, selbstverständlich gibt es Nähe", betonte die Diplom-Pädagogin und Therapeutin.

Im Übrigen sei das Betreuungspersonal identisch geblieben. Aber in der Jugendhilfe habe sich in den vergangenen Jahren "einiges geändert". "Wir bieten den Kindern ein Zuhause, aber ein Zuhause auf Zeit", erklärte Beckschwarte. So habe die Rückführung in die Familien einen größeren Stellenwert bekommen, ebenso habe die Bedeutung ambulanter Angebote zugenommen.

"Der Lebensmittelpunkt soll die Familie bleiben", so Beckschwarte, "hier sind wir auch dem Jugendamt gegenüber Rechenschaft schuldig." Sie wies darauf hin, dass nicht alle Mitglieder des Fördervereins mit der Auflösung einverstanden waren. Diesen Personenkreis - und weitere Willige - lade sie ein, einen neuen Förderverein aufzubauen. Denn dem Hermann-Josef-Haus zugetane Spender braucht es auch in Zukunft.

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