Stadt Bonn und Rhein-Sieg-Kreis Politiker-Reaktionen auf die Idee einer Fusion

BONN/SIEGBURG · Für die Bürger ist der kleine Grenzverkehr Alltag. Sie wohnen hier und arbeiten dort, gehen nach Köln in die Philharmonie, im Siebengebirge wandern und an der Ahr in die Therme. Ihr Wasser kommt aus der Siegburger Wahnbachtalsperre, ihr Müll wird in Bonn verbrannt. Würde sich für die Bürger viel ändern, wenn die Gemeinden nicht angetastet werden, auf der Kreisebene aber Stadt Bonn und Umland fusionieren?

Der Bonner FDP-Landtagsabgeordnete Joachim Stamp hatte eine Diskussion über eine engere Zusammenarbeit mit dem Rhein-Sieg-Kreis angestoßen. "Aus der Bevölkerung ist die Rückmeldung nur positiv", sagte Stamp.

Eine deutliche Meinung vertritt Frithjof Kühn, Landrat des Rhein-Sieg-Kreises, zur Idee des Bonner FDP-Politikers: "Der Vorschlag passt in die Jahreszeit. Er ist auch alles andere als neu. Es dürfte aber ebenso auf der Hand liegen, dass, wer auch immer diesen Versuch unternimmt, sich politisch ganz schnell die Zähne ausbeißt."

Das bedeute aber keineswegs, dass man sich Kooperationen mit der Stadt Bonn verschließe. Im Gegenteil: "Als Landrat des Rhein-Sieg-Kreises habe ich immer für eine gute und enge, soweit möglich sogar engste Zusammenarbeit gestanden. Ich weiß, dass Kollege Oberbürgermeister Nimptsch genauso denkt. Deshalb haben wir nicht nur die regelmäßig gemeinsam stattfindende Verwaltungskonferenz ins Leben gerufen, sondern auch zahlreiche Projekte."

Auch Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch setzt weiterhin "auf die gute regionale Zusammenarbeit". Schon zu Beginn der intensiveren Verwaltungszusammenarbeit vor drei Jahren sei gefragt worden, ob das der Beginn einer "Fusion" sei. "Wir haben schon damals geantwortet, dass wir unter den bestehenden Bedingungen noch längst nicht alle Kooperationsmöglichkeiten umgesetzt haben", so Nimptsch.

Ingo Steiner, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag, hat als Kind gemeinsam mit dem Bonner FDP-Politiker die Schulbank gedrückt: "Ich schätze Joachim Stamp sehr. Aber seine Idee halte ich für eine Utopie. Eher kommt die Südtangente als die Fusion der Gebietskörperschaften. Schon bei unseren beiden Sparkassen sind wir getrennte Wege gegangen. Ansonsten sitzen wir doch längst zusammen und reden miteinander, wenn es um Themen wie Verkehr, Umwelt, Schulen oder Wohnungsbau geht. Außerdem muss man doch sehen: Nicht der Rhein-Sieg-Kreis hätte das zu entscheiden, sondern jede einzelne der 19 autarken Rhein-Sieg-Kommunen."

Sebastian Hartmann, Vorsitzender der SPD-Rhein-Sieg sowie der Fraktion der Sozialdemokraten im Kreistag, findet den Vorschlag durchaus nachdenkenswert und erinnert an das Beispiel des vereinten Europas. "Auch auf lokaler Ebene sind Kooperationen notwendig und wichtig. Allerdings glaube ich, dass man dies nicht einfach so von oben verordnen darf. Das muss wachsen und von der Bevölkerung mitgetragen werden. Das setzt eine Begegnung auf Augenhöhe voraus. Außerdem muss die lokale Identität und Geschichte im Lebensgefühl der Menschen erhalten bleiben."

Klaus-Peter Gilles, Fraktionsvorsitzender der CDU im Bonner Stadtrat, sagt: "Es ist ja nicht so, dass wir über das Thema regionale Zusammenarbeit noch nicht nachdenken." Zentral sei zum Beispiel das Thema Energiewirtschaft. Er persönlich würde sich eine Stadtregion wie in Aachen wünschen. Bärbel Richter, Fraktionsvorsitzende der Bonner SPD, hält das Vorgehen Stamps für falsch: "Wenn man so etwas ernsthaft möchte, muss man Gespräche führen."

Der Bürger Bund Bonn bezeichnete den Vorstoß als "Karnevalsscherz". Fraktionschef Bernhard Wimmer führt an, dass sich mit der Gebietsreform 1969 für das vorher eigenständige Bad Godesberg kaum etwas verbessert hat. "Im Gegenteil. Je weiter ein Bereich vom Bonner Zentrum liegt, umso mehr wird er de facto vernachlässigt", sagt Wimmer.

Der Bonner Grünen-Fraktionschef Peter Finger sagt, man müsse stärker in der Region denken und handeln. "Ich kann mir aber schlecht vorstellen, dass der Kreis von Bonn aus regiert wird."

Beispiele für regionale Zusammenarbeit:
Stadtplanung: Nicht nur die Verwaltungsspitzen von Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis treffen sich regelmäßig. Bei gemeinsamen Sitzungen der beiden Planungsausschüsse stehen übergreifende Themen wie die geplante S-Bahn-Linie S 13 zwischen Troisdorf und Oberkassel auf der Tagesordnung.

Strukturwandel: Der Bonn/Berlin-Beschluss hat zu einem Strukturwandel im Zeitraffer geführt. Seit 1991 gibt es eine freiwillige Kooperation im regionalen Arbeitskreis Entwicklung, Planung und Verkehr (:rak) von allen 28 Städten, Gemeinden und Verbandsgemeinden der Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler.

Tourismus: Die gemeinsame Tourismus und Congress GmbH ist zentraler Ansprechpartner für Individual- und Gruppenreisende.

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