Neues Leben im vergessenen Haus am Rhein

Villa Ingenohl steht leer, seit das Auswärtige Amt in Berlin ist - Jetzt bietet sie den reizvollen Rahmen für Ausstellung der "Montag Stiftung Bildende Kunst"

Bonn-Zentrum. Die weiße Villa Ingenohl liegt vergessen am Ende der Raiffeisenstraße. Ihre Zukunft ist ungewiss. Ein Relikt aus Hauptstadtzeiten, das seit dem Umzug des Auswärtigen Amtes nach Berlin leer steht.

Zuletzt war die Villa Kindertagesstätte, am benachbarten Nachkriegs-Zweckbau findet sich noch das Klingelschild der Visastelle. Die "Montag Stiftung Bildende Kunst" erweckt nun die beiden Gebäude aus ihrem Dornröschenschlaf. Sie hat sie für eine Ausstellung gemietet, die 27 Künstler zurzeit vorbereiten. Der Titel "Blick zurück nach vorn" passt nicht nur zum Ort. Mit der Ausstellung feiert die Montag-Kunststiftung auch ihr zehnjähriges Bestehen.

Zweckmäßig Umbauten bestimmen die Räume der Villa Ingenohl: niedrige Toiletten und Waschbecken für Kinder, robuste Böden aus PVC, abschließbare Fenster. An einer Wand haben sich Kinder mit Handabdrücken verewigt. Die denkmalgeschützte Villa zeigt deutliche Spuren des Verfalls, die durch den verwilderten Garten noch unterstrichen werden.

Für Künstler ist diese morbide Atmosphäre eine Herausforderung. Projektassistentin Niina Valavuo hat ganz verschiedene Plätze für die Arbeiten reserviert, vom alten Besenschrank über die Kindertoiletten bis hin zum Schuppen am Haus.

Vom 2. August bis zum 14. September ist die Villa Ingenohl wieder öffentlich zugänglich. Dann wird auch der alte Rheinzugang aufgeschlossen. Kunst weist auch über der Adenauerallee auf das Projekt hin. Eine Löwen-Installation von Babak Saed soll Besucher in die schmale Seitenstraße locken, an der auch der Sitz der Montag-Stiftungen, die Villa Prieger, liegt. Carl Richard Montag hat die einstige Ruine aufwendig saniert.

Über die Geschichte der Villa Ingenohl und ihrer Erbauer ist wenig bekannt. Von 1895 bis 1897 wurde das Haus errichtet, während der zweiten Bebauungsphase am Bonner Rheinufer, so die Bonner Kunsthistorikerin Olga Sonntag. Der Name Ingenohl taucht nicht nur in Bonn auf. Der preußische Kulturpolitiker Friedrich Althoff, gestorben 1908 in Berlin, war mit Marie Ingenohl verheiratet.

Die Ehe blieb kinderlos. Marie starb 1925, 1927 wurde die Bonner Villa für die Studentenverbindung Corps Saxonia umgebaut, deren Mitglied auch Althoff war. In der Nachkriegszeit zogen Teile des Bundeskanzleramtes ein, dann das Auswärtige Amt.

Auf einer Wand im ersten Stock der Villa blühen bereits Magnolien. "Es ist spannungsreich, solch ein Haus, das deutliche Spuren des Leerstandes hat, zum Leben zu erwecken", sagt Waltraud Murauer, Referentin des Vorstand der Montag-Stiftung bildende Kunst.

Weitere Infos im Internet unter www.montag-stiftungen.de/blickzurueck-nach-vorn

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