Namen-Jesu-Kirche wird Bischofssitz

Das Land NRW will das Gotteshaus dem alt-katholischen Bistum zur Nutzung überlassen

  Ortsbesichtigung:  Im Frühsommer schauten sich Kommunalpolitiker die zurzeit leerstehende Namen-Jesu-Kirche an.

Ortsbesichtigung: Im Frühsommer schauten sich Kommunalpolitiker die zurzeit leerstehende Namen-Jesu-Kirche an.

Foto: Volker Lannert

Bonn. Erstmals in ihrer Geschichte erhalten die Alt-Katholiken Deutschlands eine Bischofskirche: in der zurzeit leerstehenden Namen-Jesu-Kirche in der Bonngasse. Unter anderem soll das Gotteshaus nach der Sanierung ab 2011 auch die geplante alt-katholische City-Seelsorge beherbergen, sagte Henriette Crüwell, Vikarin der alt-katholischen Gemeinde Bonn, gestern dem GA.

Damit wird die bewegte Geschichte der 1717 geweihten Kirche fortgeschrieben, die zunächst Sitz der Jesuiten war, dann unter anderem in der napoleonischen Zeit 1802 als Pferdestall zweckentfremdet wurde, bis vor wenigen Jahren der katholischen Fakultät als Universitätskirche diente - und von 1877 bis 1934 auch schon mal Gotteshaus der Bonner alt-katholischen Gemeinde war.

Jetzt haben sich die Alt-Katholiken nach eigenen Angaben mit dem Eigentümer der Namen-Jesu-Kirche, dem Land Nordrhein-Westfalen, geeinigt, das barocke Gotteshaus als "Bistums- und Bischofskirche der Alt-Katholiken in Deutschland" zu nutzen. Damit bekäme das alt-katholische Bistum - von seiner Größe her deckungsgleich mit Deutschland - erstmals einen offiziellen kirchlichen Sitz. Bislang feiert der Bischof der deutschen Alt-Katholiken, Joachim Vobbe, wenn er am Wochenende in Bonn ist, die Messen in der alt-katholischen Gemeindekirche Sankt Cyprian an der Adenauerallee. Sitz des bischöflichen Ordinariats ist seit jeher Bonn.

Auch wenn ein entsprechender Nutzungsvertrag noch nicht unterschrieben ist und das Landesbauministerium sich zur Kostenbeteiligung nicht äußern wollte, hatten sowohl das Land als auch Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann in den vergangenen Monaten keinen Hehl daraus gemacht, dass ihnen eine weitere kirchliche Nutzung des Gebäudes am liebsten wäre. Zwischenzeitlich hatten nämlich auch private Investoren angefragt.

Nun soll die Kirche nach ihrer Renovierung - die Kosten dafür wird wohl das Land tragen - ein "geistliches Gasthaus werden, das alle Menschen willkommen heißt", sagte Bischof Vobbe. Für die Unterhaltungskosten müssen auf jeden Fall die Alt-Katholiken aufkommen - was unter anderem mit der Stiftung "Namen-Jesu-Kirche" und einem sogenannten Kolumbarium geschehen soll: In einem Gewölbe unter der Kirche könnten sich zukünftig Menschen in Urnen bestatten lassen, die zu Lebzeiten in die Stiftung eingezahlt haben.

Die Alt-KatholikenDie alt-katholischen Kirchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz entstanden im Anschluss an das Erste Vatikanische Konzil (1870): Die Katholiken, die die Beschlüsse des Konzils nicht annahmen, wurden von Rom exkommuniziert und gründeten eigene Kirchen und Gemeinden, die als vergleichsweise progressiv gelten. Besondere Bedeutung kommt der alt-katholischen Kirche der Niederlande zu. Sie entstand bereits 1724 und von ihr haben alle anderen alt-katholischen Kirchen die apostolische Nachfolge erhalten. Nach römisch-katholischem Kirchenrecht ist die Ämterweihe (Ordination) durch alt-katholische Bischöfe deshalb zwar gültig, aber nicht (vom Papst) erlaubt.Zu dem inhaltlichen Konzept der Kirche sagte Crüwell, dass man Kinder, Jugendliche und junge Familien ansprechen wolle. "In diesem Bereich sehen wir für die Innenstadt noch Bedarf. Wir wollen dabei keinem Konkurrenz machen", betonte Crüwell. Dennoch werde das für alle Interessierten offene Angebot natürlich ein alt-katholisches Profil haben.

Als mögliche Themen für Kinder schwebt Crüwell beispielsweise eine "märchenhafte Kirchenführung" vor, "mit der wir sie an Kirche heranführen wollen". Grundlegende Fragen wie "Was ist ein Kreuz?" oder "Was ist ein Tabernakel?" sollen dabei beantwortet werden. Jungen Familien wolle man regelmäßige Gesprächskreise mit Kinderbetreuung anbieten und dabei Fragen ansprechen: "Wie bete ich, wie rede ich mit Kindern über Sterben und Tod?" Ergänzen werden das pastorale Programm auch Angebote für kirchenferne Menschen, zum Beispiel besondere Gottesdienste.

Ein weiterer Schwerpunkt soll die sozialpädagogische Arbeit mit arbeitslosen Jugendlichen werden: Diese sollen in einem Café arbeiten, das in der alten Sakristei eingerichtet wird und das der Wiedereingliederung in den Beruf dient. Zudem soll die Kirche auch ein Ort des Dialogs und der Kunst werden.

Weitere Informationen unter www.alt-katholisch.de

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