Terrorverdacht in Bad Münstereifel Bundesanwaltschaft nimmt Brüderpaar fest

BONN · Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag im Großraum Bonn ein Brüderpaar festgenommen. Die Männer stehen in Verdacht Mitglied des "Islamischen Staates" (IS) und "Jabhat al-Nusra" (JaN) zu sein.

Fachwerk, Outlet, Heino. Das war der Dreiklang, den viele Menschen bislang mit Bad Münstereifel assoziiert haben. Seit Dienstag ist das Städtchen vor den Toren Bonns um ein Attribut reicher: als möglicher Rückzugsraum von Kämpfern des Islamischen Staates (IS).

Noch in der Dunkelheit, zwischen 5 und 6 Uhr, beendet ein Spezialeinsatzkommando der Polizei die Nachtruhe. Knapp 70 Beamte sind vor dem unscheinbaren Doppelhaus vorgefahren. Ein Bauer erzählt später, die Polizei habe den ganzen Ort umstellt. Da haben die Sicherheitskräfte aber längst gefunden, wen sie suchten. In Handschellen werden die beiden Brüder Rachid (25) und Khalid B. (24) aus der Wohnung geführt.

Die Bundesanwaltschaft ist sicher, mit ihnen zwei Mitglieder der Terrorgruppe Islamischer Staat festgenommen zu haben. Die Angaben, die aus Karlsruhe bekannt werden, lassen darauf schließen, dass es sich bei den beiden Brüdern um den klassischen Fall von Syrien-Rückkehrern handelt, denen in Zeiten wachsender Terrorgefahr besondere Beachtung gilt. Die beiden Männer mit deutscher und marokkanischer Staatsangehörigkeit sollen sich 2013 in Syrien aufgehalten und an Kämpfen beteiligt haben. Sie waren nach Angaben des NRW-Innenministeriums nach einem längeren Türkeiaufenthalt wieder in die Bundesrepublik eingereist.

Während Polizeibeamte mit Sturmhauben noch Computer und andere mögliche Beweisstücke in ihre Lieferwagen verladen, läuft auch in der Bonner Südstadt eine Hausdurchsuchung – dem Vernehmen nach an der Luisenstraße, wo ein weiterer Verwandter der beiden wohnen soll. Zu einer Festnahme kommt es hier jedoch nicht.

Hintergründe

Ein Münstereifeler Nachbar der Familie B. berichtet, er sei mit Rachid aufgewachsen: „Wir haben früher zusammen Basketball gespielt. Es war ein netter Kerl.“ Dann habe sich der Mann immer mehr zurückgezogen und sich einen Bart wachsen lassen. Auch habe er versucht, in der Nachbarschaft den Koran zu verteilen.

Die Eltern der Brüder leben seit mindestens 35 Jahren im Ort, heißt es in der Umgebung. Das marokkanische Paar soll drei Söhne und zwei Töchter haben. „Sie sind alle hier aufgewachsen, in den katholischen Kindergarten und die katholische Schule gegangen“, erzählt ein Anwohner. Es sei allerdings nicht der erste Polizeieinsatz in diesem Haus gewesen.

Viele Bewohner des Ortes sind nun beunruhigt. So auch Martin Mehrens, der für die CDU im Stadtrat aktiv ist: „Es wäre eine Katastrophe, wenn wir in der tiefen Eifel einen IS-Schläfer gehabt hätten. Doch wer weiß, vielleicht suchen die ja Deckung im ländlichen Raum.“ Rachid B. hat nach Informationen dieser Zeitung sein Fachabitur im Kreis Euskirchen gemacht und anschließend Informatik in Bonn studiert. Im Internet bietet er seine Dienste als IT-Fachmann an. Er hat unter anderem Webseiten und Homepages erstellt.

Im Zentrum des weiteren Verfahrens wird jetzt jedoch etwas anderes stehen. Nach Erkenntnissen der Ermittler soll der 25-Jährige 2013 in Syrien nacheinander den als Terrorvereinigungen eingestuften Milizen Jabhat al-Nusra und Islamischer Staat (IS) angehört haben. Neben einem vierwöchigen Kampftraining erhielt er demnach eine Schieß- und Waffenausbildung. Dazu bekam er ein Sturmgewehr nebst Munition ausgehändigt. Später übte er darüber hinaus den Umgang mit einem Granatwerfer – für die Ermittler ausreichende Merkmale von Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz.

Rachid B. soll zudem in Syrien einen mutmaßlichen Spion festgesetzt und diesen eine Woche lang gefangen gehalten haben. Noch während seiner Zeit bei der al-Nusra-Front habe er überdies telefonisch Kontakt zu seinem Bruder gehalten und ihn ebenfalls nach Syrien gelotst. Auch Khalid B. erhielt nach Überzeugung des Generalbundesanwalts eine militärische Grundausbildung und beteiligte sich wie sein Bruder bis Ende 2013 an Kampfeinsätzen.

Weitere Vorfälle aus dem Rheinland

Inwieweit die Brüder in Syrien Kontakt zu anderen Islamisten aus dem Rheinland hatten, wird sich mitunter im Zuge einer möglichen Hauptverhandlung herausstellen. So war etwa der frühere Rapper Denis Cuspert rund um Köln und Bonn aktiv, bevor er sich ebenfalls um 2013 der al-Nusra-Front in Syrien anschloss.

Ebenso wie Fared S. aus Bad Godesberg, den es im Herbst 2013 gemeinsam mit seiner Frau nach Syrien gezogen hatte und der von dort mit Fotos von sich reden machte: als er nämlich umgeben von verstümmelten Leichen mit deren Tötung prahlte.

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