Muslime werfen der Stadtverwaltung Untätigkeit vor

Noch immer wartet der Verein Al-Muhajirin auf Antworten in Sachen Moschee - Stadt: Komplexes Verfahren

Muslime werfen der Stadtverwaltung Untätigkeit vor
Foto: Frommann

Bonn. Schwere Vorwürfe erhebt der Rat der Muslime gegen die Stadtverwaltung in Sachen Moscheeneubau. Vor allem der Verwaltungsspitze wirft der Rat vor, Lösungen zu verhindern.

Stinksauer sei man, dass die Verwaltung auch anderthalb Jahre nach der ersten Bauvoranfrage zum bis heute favorisierten Standort Hohe Straße in Neu-Tannenbusch noch immer keine Entscheidung gefällt habe, sagte der Rechtsbeistand des Bauherrn, des Vereins Al-Muhajirin, Jürgen Baasem Kannich.

Ohne den Namen der Oberbürgermeisterin zu erwähnen, warf der Sprecher des Rats der Muslime, Haluk Yildiz, der Verwaltungsspitze vor, einen offenen, fairen Dialog zu vermeiden. Auch die SPD-Fraktion zeige sich nicht gesprächsbereit. Vielmehr würden der Muslim-Rat und der Verein Al-Muhajirin, der bislang eine Hinterhofmoschee in der Theaterstraße hat, immer wieder vertröstet.

Kannich appellierte deshalb an die Verwaltung, endlich zu handeln. Denn auch nachdem der Verein im April seine Bauvoranfrage abgespeckt und statt eines Kulturzentrums nun erst einmal nur den Bau eines Gebetsraums und eines Festsaals beantragt habe, rühre sich die Verwaltung nicht. "Sie sitzt das Verfahren aus. Wir könnten deshalb wegen Untätigkeit beim Kölner Verwaltungsgericht klagen", sagte Kannich. Doch man wolle eine Konsenslösung.

Die Vorschläge der Verwaltung für andere Standorten, wie vom Stadtrat gefordert, seien fast alle unrealistisch. Unter anderem ist das Gelände der leerstehenden Omega-Spielhalle an der Bornheimer Straße im Gespräch. Die Muslime lehnen das Gelände aber als ungeeignet ab.

Kannich und Yildiz forderten ein transparentes Vorgehen der Verwaltung, damit auch die Bürger wüssten, woran sie sind. "Wenn das Verfahren endlich öffentlich gemacht würde, käm es vielleicht zu Anwohnerklagen", sagte Yildiz. "Aber so läuft das nun mal in einer Demokratie."

Wie berichtet, hat die Verwaltung Bedenken gegen den Moscheebau in Neu-Tannenbusch aus integrationspolitischen Gründen. Nachdem baurechtliche Fragen wie beispielsweise Bauhöhen und Parkplatzzahlen geklärt waren, argumentierte das Bauordnungsamt mit dem Segen der OB, dass durch den Bau einer Moschee an der Hohen Straße eine weitere Gettoisierung zu befürchten sei.

"Die Zahl der Moslems in Neu-Tannenbusch ist mittlerweile ohnehin auf über 35 Prozent gestiegen", sagte Kannich. "Was tut die Stadt gegen diese Entwicklung? Nichts." Deshalb könne man durchaus argumentieren, dass eine Moschee dort gebaut werden solle, wo Moslems wohnen.

Der Muslim-Rat fordert nun, einen Fahrplan vorzulegen, an den sich alle halten können. Man wolle jedoch nicht warten, bis die neue Integrationsbeauftragte im kommenden Jahr im Amt sei.

Zur gleichen Zeit erklärte die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung, man befinde sich in einem intensiven Prüfungs-, Abstimmungs- und Moderationsprozess. Die Prüfung der Grundstücke solle in Kürze abgeschlossen werden. Im neuen Jahr könnten Rat und Ausschüsse darüber beraten.

"Ein geeigneter Standort ist nur im diskreten Abstimmungsprozess zu ermitteln", hieß es aus dem Stadthaus. "Das Verfahren ist komplex und zeitaufwändig. Es geht darum, einen Vorschlag zu erarbeiten, der von allen Beteiligten mitgetragen werden kann und der mehrheitlich auch in der Bevölkerung akzeptiert wird." Es sei daher weder hilfreich noch berechtigt, von einer zögerlichen Bearbeitung der Bauvoranfrage zu sprechen. Gleiches gelte für Spekulationen über die Motive der Verwaltung.

Die Grünen äußerten Verständnis für den Unmut der Muslime. Schon lange habe man an Verwaltung und Ratsmehrheit appelliert, sich mit den Muslimen in dieser Frage an einen Tisch zu setzen und in einem Dialog auf Augenhöhe gemeinsame Lösungen für Standort und inhaltliche Konzepte zu suchen, sagte der migrationspolitische Sprecher der Grünen, Florian Beger: "Damit kann nicht gemeint sein, dass die Verwaltung ihr genehme Standortvorschläge unterbreitet, ohne die eigenen Vorschläge der Muslime zu berücksichtigen."

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