GA-Serie "Mobil in der Region" Mit dem Shuttle zum Flughafen

Bonn · Beim Mobilitätsmanagement spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle: Es geht um Klimaschutz, Kostenersparnis und die Wahl des cleversten Verkehrsmittels, aber auch um zufriedene Mitarbeiter, flexible Arbeitszeiten und die Vermeidung von Staus.

 Einsteigen und los geht's: Die Shuttlebusse der Telekom verbinden die Zentrale mit Verkehrsknoten wie ICE-Bahnhof oder dem Flughafen. FOTO: WESTHOFF

Einsteigen und los geht's: Die Shuttlebusse der Telekom verbinden die Zentrale mit Verkehrsknoten wie ICE-Bahnhof oder dem Flughafen. FOTO: WESTHOFF

Foto: Benjamin Westhoff

Vor der Zentrale der Telekom an der B 9 geht es zu wie im Taubenschlag. Fußgänger verlassen geschäftig die Konzernzentrale, eilen hier hin, dort hin – oder steigen in einen der silbernen Kleinbusse, die in regem Rhythmus vorfahren. „Flughafen“, „Albingia“ oder „City“ – wie bei einem ausgewachsenen Bus im öffentlichen Nahverkehr sind im Display die Fahrziele abzulesen. Nur dass es sich nicht um ein öffentliches Verkehrsmittel handelt, sondern um die Firmenshuttles des Kommunikationsunternehmens.

„Früher bin ich mit dem Mietwagen gefahren“, erinnert sich Uwe Albrecht, der als Controller bei T-Systems in Berlin häufiger in die Zentrale reist. „Heute nehme ich immer das Shuttle. Das ist billiger, keine Parkplatzsuche, und ich muss nicht fahren. Sehr angenehm.“ Mit Nico Bernstein, Personaler aus Dresden, wartet er auf den nächsten Bus zum Flughafen. „Da spielt auch der zeitliche Aspekt eine Rolle“, so Bernstein. „Mit dem eigenen Fahrzeug bin ich nicht schneller und mit dem Nahverkehr schon gar nicht.“ Zumal er als Auswärtiger die Preisstruktur kaum durchschaue. Auch sei der Nahverkehr schwer kalkulierbar, ergänzt Albrecht. Denn beim Umstieg von der Stadtbahn auf den Flughafenbus gehe es am Hauptbahnhof manchmal um Minuten – und der Bus fahre nur alle halbe Stunde. Anders als das Telekom-Shuttle. Das fährt alle 15 Minuten, sicher gebucht auf der firmeninternen App und ohne Umsteigen.

„Für uns stellt sich die Frage, was einen attraktiven Arbeitgeber und einen attraktiven Standort ausmacht“, ordnet Telekom-Sprecher Peter Kespohl die Bedeutung des betrieblichen Mobilitätsmanagements für den Konzern ein. Das Verkehrsthema spiele neben vielen anderen Faktoren wie Immobilienmarkt, Kita-Plätze, Schulen oder Arbeitszeitmodelle eine Rolle, wenn Bewerber aus dem In- und Ausland für die Zentrale rekrutiert werden sollen.

„Es geht uns um die Mitarbeiterzufriedenheit“, sagt Jonathan Frantzen, Leiter Marketing, International Business und Zentrale Aufgaben. Deshalb habe der Konzern eine ganze Palette von Angeboten entwickelt. Vom Shuttlebetrieb mit 140 000 Passagieren im Jahr über das 2015 als Pilotmodell gestartete Fahrrad-Leasing-Modell als steuerbegünstigte Gehaltskomponente bis hin zum Fuhrpark, der bei den Autos neben Benziner auch E-Modelle verschiedener Hersteller umfasst. Wer also von der Zentrale an der B 9 zu einem Meeting über den Rhein an den Landgrabenweg will, hat die Qual der Wahl: Nehme ich ein Fahrrad oder ein Auto aus dem Pool? Oder einen Shuttlebus der City-Linie, die anders als die längeren Strecken, die unter anderem auch bis Darmstadt oder zum Frankfurter Flughafen reichen, nicht via App vorgebucht werden muss? Wieder andere nehmen die Bahn und nutzen ihr Jobticket. Bis zu 30 Versionen davon sind laut Frantzen bei der Telekom im Umlauf.

„Die Mitarbeiter sollen gut, komfortabel und stressfrei am Einsatzort ankommen“, fasst Frantzen zusammen. Allerdings spiele auch der Kostenaspekt für das Unternehmen eine Rolle. Es kommt halt billiger, wenn acht Leute oder mehr im Kleinbus nach Siegburg zum ICE fahren, als wenn jeder von ihnen in einem Taxi sitzt. Und dabei ist inklusive, dass auch noch die Staus kürzer werden. Denn auch in dieser Hinsicht ist Zeit Geld: Schon bei den Bauarbeiten an der Nordbrücke habe der Konzern ein zusätzliches Netz von Shuttlebussen für die Wege zur Arbeit eingerichtet. Da gab es Fahrten aus Meckenheim oder Köln. Auch für die nächste Großbaustelle am Tausendfüßler laufen bereits Überlegungen. Dabei geht es unter anderem auch darum, mit flexiblen Arbeitszeiten oder gar Home-Office-Angeboten die Stoßzeiten zu entzerren.

Auch in Bezug auf die Dienstwagenflotte versucht die Telekom Anreize zu setzen. Nicht nur, was den Schadstoffausstoß angeht. Bei Miguel Vidal scheint es gewirkt zu haben, er ist vernarrt in sein Jobticket. „Das Auto nutze ich kaum noch“, sagt der Personalrekrutierer, der zwischen Rodenkirchen und der Bonner Zentrale pendelt. „Die Linie 16 ist für mich das, was der Nil für die alten Ägypter war“, sagt Vidal auch mit Blick auf die „verlorene Zeit“ im Auto, die er nun zum Lesen nutzt. Mehr noch: „Ich interessiere mich auch viel weniger für Autos.“ Wer die zahlreichen Telekom-Nummernschilder auf den verstopften Rheinbrücken oder auf der Reuterstraße sieht, der weiß, dass diese Entwicklung noch nicht bei allen angekommen ist.

„Da ist noch Potenzial“, glaubt auch Michael Schramek, geschäftsführender Gesellschafter beim Troisdorfer Mobilitätsberatungsunternehmens EcoLibro, der privatwirtschaftliche Unternehmen genauso wie Kommunen berät. Es gehe dabei um Klimaschutz, aber auch ums Geldsparen, um Unternehmensentwicklung oder um Mitarbeiterzufriedenheit. Schon das betriebliche Mobilitätsmanagement wirke dabei immer auch nach außen, betont Schramek. Spätestens dann, wenn Kunden ins Spiel kommen, wie zum Beispiel bei Ikea in Köln-Butzweilerhof, wo sich der Möbelhändler an den Kosten für eine Bahnhaltestelle beteilige. Aber auch im Sinne der Mitarbeiter lässt sich über bessere Busverbindungen verhandeln, wie bei der Firma TX Logistik nach deren Umzug von Bad Honnef nach Troisdorf. Was rät der Experte Schramek den Unternehmen, für die das alles noch Neuland ist? „Nicht zu umfänglich loslegen. Lieber an zwei oder drei Projekten das Veränderungspotenzial erkennen und ausschöpfen.“ Wenn das nämlich klappt, wächst der Appetit auf mehr.

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