Mörder und Vergewaltiger erneut vor Gericht

Achim D., der 1990 die 20-jährige Bettina Pluta ermordete und drei Anhalterinnen vergewaltigte, sitzt nach 16 Jahren Haft erneut wegen Entführung vor Gericht - Und bezichtigt nun die Frau der Lüge

Mörder und Vergewaltiger erneut vor Gericht
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Bonn/Region. Und plötzlich will er doch reden. Gerade hat die psychiatrische Sachverständige vor dem Landgericht ihr Gutachten erstattet über den 38-jährigen Achim D., den vorbestraften vierfachen Vergewaltiger und Mörder der am 2. Dezember 1990 entführten Bettina Pluta, der wenige Wochen nach der Entlassung aus 16 Jahren Haft im November 2007 erneut eine Frau entführt und attackiert haben soll.

Der Vorsitzende Richter der 1. Großen Strafkammer, Josef Janßen, will gerade die Beweisaufnahme schließen, da meldet sich der bisher schweigsame Angeklagte zu Wort: "Moment, ich will doch was sagen."

Stumm hat er bis zu diesem Moment den Verhandlungsverlauf verfolgt. Keine Regung hat er gezeigt, als das Gericht aus den Urteilen von 1991, 1992 und 1993 vorlas, die noch einmal heraufbeschworen, was er den drei jungen Anhalterinnen antat, die er in seinem Auto entführte und vergewaltigte.

Keine Miene hat er verzogen, als er noch einmal hörte, wie er am 2. Dezember die 20-jährige Bettina Pluta aus Neunkirchen-Seelscheid ebenfalls als Anhalterin in sein Auto aufnahm, sie vergewaltigte und schließlich ermordete. Und keinen Ton hat er bisher zu den Vorwürfen der 29-jährigen Prostituierte gesagt, deren Anzeige ihn nun erneut vor Gericht gebracht hat.

Und die am Dienstag im Zeugenstand noch einmal schilderte, wie er sie in der Nacht des 19. November 2007 am Bonner Straßenstrich ins Auto aufnahm, mit ihr plötzlich wortlos auf die Autobahn Richtung Siegburg raste, wie sie ihn vergeblich anbettelte, sie aussteigen zu lassen. Wie sie immer mehr Angst bekam vor diesem seltsam blickenden Mann, der nur noch schneller fuhr, bis sie ihm endlich so ins Lenkrad griff, dass er auf der Autobahn anhalten musste.

Und - für sie das Schlimmste: Wie er sie auch dann nicht gehen ließ, als sie aus dem Auto sprang und versuchte, andere Wagen anzuhalten. Immer wieder, so schilderte sie im Zeugenstand, habe er versucht, sie zurück ins Auto zu zerren, bis endlich einer anhielt.

"Ihr Lebensretter", ist sie sicher. Dass Achim D. sie nicht gehen lassen wollte, erklärt die Gutachterin, Professor Anke Rohde, mit Achims D.'s unbändigem Bedürfnis, Macht über Frauen ausüben zu müssen. Soweit sie das beurteilen könne, meinte die Gutachterin, stelle der Mann mit der instabilen und dissozialen Persönlichkeit, der bisher nicht bereit war, sich mit seinen Taten auseinanderzusetzen, weiterhin eine Gefahr dar. Sie kann ihr Gutachten jedoch nur auf die Akten stützen - und auf ihre Beobachtung des Angeklagten im Prozess: Er weigerte sich bisher, mit ihr zu reden.

Nun spricht er, sein Ton ist aggressiv und wird immer aggressiver: Er wisse überhaupt nicht, was das alles solle. Er habe der Frau nichts getan. Die Prostituierte habe sofort "rumgezickt", und verlangt, dass er seine Zigarette ausmacht. Seine Stimme ist regelrecht bösartig, als er sie dabei nachäfft. Er merkt es selbst, entschuldigt sich schnell. Er habe gar nicht gewusst, was sie wolle, als sie angefangen habe rumzuschreien.

Er sei sowieso noch völlig "zugedröhnt" und aufgedreht gewesen von den Drogen vom Vortag. Deshalb habe er auch "ein Nümmerchen schieben wollen", um zur Ruhe zu kommen. Nicht er habe sie nicht aussteigen lassen wollen, sondern sie habe das Auto nicht verlassen wollen. Und er habe sie auch nicht geschlagen. "Dann hätte die anders ausgesehen. Ich war der stärkste Mann von Aachen", sagt er und meint das Aachener Gefängnis.

Und dann gibt er seine ganz eigene Erklärung ab für die zerrissene Kleidung der 29-Jährigen und die Szene, die auf der Autobahn zu sehen war: Er habe an der Frau nicht gezerrt, um sie ins Auto zu bekommen, sondern um sie davor zu bewahren, überfahren zu werden.

Warum er erst jetzt mit dieser Geschichte komme, will der Richter wissen. Das sei seine Anwältin schuld, sagt Achim D. ungerührt. Aber er wolle jetzt auch mit der Gutachterin sprechen. Der Prozess, der am Donnerstag zu Ende gehen sollte, geht weiter.

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