Landesvertretungen: Hessen - Hessenfest hatte legendären Ruf

GA-Serie Landesvertretungen in Bonn: Wiesbadens Spitze residierte in einer schmucken Villa mit Rheinblick

 Bis heute eine gediegene Villa: Die frühere Landesvertretung von Hessen in der Kurt-Schumacher-Straße wird heute als Unternehmenssitz genutzt.

Bis heute eine gediegene Villa: Die frühere Landesvertretung von Hessen in der Kurt-Schumacher-Straße wird heute als Unternehmenssitz genutzt.

Foto: Michael Wenzel

Bonn. Von 1945 bis 1949 war die Hessische Landesvertretung noch beim "Länderrat" in Frankfurt am Main angesiedelt. 1949 wechselten die ersten Mitarbeiter nach Bonn, das - zur Enttäuschung Hessens anstelle von Frankfurt am Main - im Mai 1949 vom Parlamentarischen Rat mit knapper Mehrheit zur vorläufigen Bundeshauptstadt ausgewählt worden war.

Wiesbadens föderative Spitze bezog damals ein kurz zuvor erworbenes Wohnhaus aus der Jahrhundertwende mit großem Garten und Rheinblick in der Kurt-Schumacher-Straße 8 (damals Drachenfelsstraße). Den Kauf verdankten die Hessen dem früheren Ministerpräsidenten Georg August Zinn: Für den damals stolzen Preis von 70 000 Mark kaufte das Land 1949 das aus dem Jahre 1907 stammende Privathaus, das einst einem Organisten gehörte.

Der Alltag in der Landesvertretung gestaltete sich vor allem im Anfangsjahr für die zu Beginn 15 Mitarbeiter nicht einfach, denn der Wohnraum in Bonn war knapp. Noch 1949 wurden in Kessenich zwei Reihenhäuser für Büros und Wohnräume angemietet. In der Folge wurde das Haus im Regierungsviertel zu einem Gästehaus und einem Ort für Veranstaltungen in repräsentativem Rahmen umfunktioniert.

Es erhielt 1980 einen Anbau mit einem großen Veranstaltungsraum und einer "Hessenstube" für geselliges Beisammensein. Diese spielte, so die Überlieferung, später auch eine wichtige Rolle bei den ersten rot-grünen Annäherungsversuchen. Schließlich war Joschka Fischer von 1991 bis 1994 als Landesminister hier auch einmal Hausherr.

Apropos Annäherungsversuche: Das Hessenfest gehörte nach seinem Auftakt im Jahre 1977 in den folgenden 22 Jahren zu den beliebtesten Sommervergnügungen im Regierungsviertel.

1983 konnten Teile des Gartens des Gästehauses gegen das benachbarte Doppelhaus Kurt-Schumacher-Straße 6 getauscht und die Büros dort untergebracht werden.

Im Sommer 1999 hatte der rot-weiße hessische Löwe dann ausgebrüllt und zog um. Als erstes wurde die Doppelhaus-Villa verkauft, wo unter anderem die Redaktion eines Zahnärzte-Fachblatts einzog. Das Gästehaus erwarb der Bonner Kaufmann Marc Asbeck, der in der "Königsallee von Bonn" (so Asbeck) nach dem Berlin-Umzug insgesamt fünf ehemalige Landesvertretungen kaufte. In die Nummer 8 zog die Kema-Gruppe, ein Unternehmen, das die Stromwirtschaft berät.

Das Konzept der SerieSie waren die Speerspitzen des Föderalismus in Bonner Hauptstadtzeiten, Stätten furioser Feste, informelle Tummelplätze für Akteure aus Politik, Verwaltung, Lobbyorganisationen und Diplomatie: die 16 Vertretungen der Länder beim Bund. Vor der Wiedervereinigung waren es noch elf Länder, nach dem Fall der Mauer gesellten sich die fünf neuen Bundesländer hinzu. Für die Neuen war es nur noch eine vergleichsweise kurze Stippvisite in Bonn, bis es 1999/2000 nach Berlin ging. Aber auch die neuen Bundesländer hinterließen Spuren am Rhein.
In 15 Folgen erinnert der GA in den nächsten Wochen an die "Botschaften" der Länder am Regierungssitz Bonn. 15 Folgen, weil zwei Länder zusammengefasst wurden: Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen, die sich brüderlich nach ihrer Ankunft in Bonn 1991 in der ehemaligen Ständigen Vertretung der DDR an der Godesberger Allee niederließen.

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