Konrad-Adenauer-Gymnasium: Ist die Aula-Decke wirklich sicher?

BAD GODESBERG · Es gibt viele Fragen zur 2006 gebauten Konstruktion im Konrad-Adenauer-Gymnasium. Doch die Stadt bleibt die Antworten schuldig.

Die Kurzgeschichte könnte so gehen: Ein Architekt erhält den Planungsauftrag zur Sanierung einer Aula-Decke. Die Stadt vergibt die Bauausführung an die preiswerteste Firma. Die Arbeiten beginnen, der Architekt protestiert gegen die mängelbehaftete Ausführung, die Stadt will davon nichts wissen und sieht den Fertigstellungstermin gefährdet. Sie kündigt dem Architekten unter Vorwänden und versucht, ihn zum Schweigen zu verpflichten. Der hält sich nicht dran, die verunglückte Maßnahme gerät an die Öffentlichkeit - und beschäftigt Staatsanwälte und Politiker.

Ob die Kurzgeschichte der Wirklichkeit entspricht, versucht seit Monaten Marcel Schmitt vom Bürger Bund Bonn zu klären. Er hat eine Große Anfrage zur Aula-Decke im Konrad-Adenauer-Gymnasium an die Verwaltung gestellt. Doch die hält sich bedeckt - im Umweltausschuss, im Bau- und Vergabeausschuss, im Betriebsausschuss Städtisches Gebäudemanagement (SGB) und auch auf mehrfache Nachfrage des GA.

Zweifel an der Sicherheit

Im Zentrum stehen zwei Fragen: Ist die Decke, die das SGB im Winter 2006 einbauen ließ, überhaupt zugelassen? Und: Ist sie sicher? Nach GA-Informationen müssten beide Fragen offenbar mit "Nein" beantwortet werden. Wie diverse Unterlagen zeigen, bezweifeln mehrere Gutachter die Standsicherheit der Decke. Ende 2006 wurde die Decke erneuert. Dabei wurden nach GA-Informationen Schrauben verwendet, die nicht den Hersteller-Vorgaben entsprechen.

Zudem soll die Konstruktion verändert worden sein: Soll heißen, dass sie nicht nach Hersteller-Vorgaben eingebaut wurde und somit keine amtliche Zulassung hat. Laut einem von der Stadt beauftragten Tragwerksplaner entspreche sie zwar nicht den Vorgaben, sei aber sicher. Zudem, so die Stadt, hätten Feuerwehr und Bauordnungsamt festgestellt, dass der Brandschutz ausreichend und die Decke in Ordnung sei.

Zwei Brandschutzsachverständige, ein Prüfingenieur und der mit dem Bau beauftragte Architekt hingegen sollen "diverse Baumängel" in der Deckenkonstruktion festgestellt haben. Die Stadt verließ sich auf ihren Gutachter und handelte nicht: Die Weihnachtsaufführungen des Kleinen Theaters fanden in der Aula im Dezember 2006 trotzdem statt.

Peter Riemann, der Architekt, der bis dahin mit dem Bauvorhaben befasst war und dem das SGB wegen "nachhaltiger Störung des Vertrauensverhältnisses" gekündigt hatte, erstattete Anzeige wegen Baugefährdung. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Zu den Kündigungsgründen sagt Riemann: "Alles dummes Zeug. Als Architekt hafte ich für die Baumängel, also musste ich sie benennen."

Die Staatsanwaltschaft stellt im Juli 2008 fest: "Nach dem (....) Gutachten vom 17. März 2008 des Sachverständigen Christian Schütte hat durch die ursprünglich eingebaute Deckenkonstruktion zweifelsfrei zunächst objektiv eine Baugefährdung vorgelegen." Es seien Bohrschrauben verwendet worden, die keine Zulassung hatten. Ausgelöst durch die Anzeige, sei aber nachgebessert worden. "Der Sachverständige hatte allerdings angemerkt, dass möglicherweise erneut Schrauben eingebaut worden seien, für die eine Zulassung nicht vorliegt." Trotzdem glauben die Ermittler, "dass heute von einer Baugefährdung nicht mehr ausgegangen werden kann".

Keine bauaufsichtliche Genehmigung

Nach GA-Informationen hatte die Decke wegen der Schrauben weiter keine bauaufsichtliche Genehmigung. Der damalige SGB-Chef Friedhelm Naujoks wandte sich ans Landesbauministerium. Das lehnte den Zulassungsantrag 2008 ab: "Nach den vorgelegten Unterlagen wurde die Befestigung (...) mit unterschiedlichen Blech- und Bohrschrauben ohne bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis ausgeführt."

Auch der Hersteller war von der Decke 2008 nicht überzeugt. Die Konsequenz: Die Knauf Gips AG verweigerte die Konformitätserklärung. Sie begründet: "Es liegt die Vermutung nahe, dass speziell durch die (...) Überschreitungen der Abhängerabstände im Versagensfall einer einzelnen Trapezblechverschraubung keine notwendigen Reserven für die Verhinderung einer Kettenreaktion mehr bestehen könnten, die geeignet wären, unter Umständen ein plötzliches, unangekündigtes Totalversagen der Decke zu verhindern."

Das SGB beauftragte den bereits in ihrem Auftrag tätigen Tragwerksplaner mit einem Bauteilversuch. Ergebnis: Die Decke hält. Wie der GA erfuhr, soll die Prüfanordnung aber falsch gewesen, das Ergebnis somit unbrauchbar sein.

Der Hersteller war auch Ende 2009 nicht überzeugt: "Nach unserer Einschätzung ist die Montage der Kabelführung, die Abhängung mittels brennbarer Befestigungsmittel unter Zuhilfenahme von vom Prüfzeugnis abweichenden Abstandshaltern (...) eine nicht unerhebliche Abweichung und lässt eine klare Einschätzung des Gesamtverhaltens der Decke im Brandfall durch eine zusätzliche Brandlast nicht sicher zu."

Im Januar 2011 stand die Decke auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung Bad Godesberg. Die FDP wollte per Dringlichkeitsantrag wissen, ob die Unterdecke sicher ist. Die Stadt bestritt die Dringlichkeit, "da die Sicherheit der Schüler gewährleistet ist und mehrere Gutachten vorliegen, die die Standsicherheit der Abhangdecke testieren".

Die Stadt hatte die Materialprüfanstalt Braunschweig beauftragt. Die stufte die Decke in die Feuerwiderstandsklasse F 30 ein: Die Decke muss mindestens 30 Minuten einem Brand standhalten und ist genehmigungsfähig. Nach GA-Informationen war die Zulassung mit Auflagen verbunden: Die Decke müsse den Herstellerrichtlinien entsprechen - und denen widerspricht die Konstruktion.

Die Stadt bleibt Antworten schuldig. Das wollen die Politiker nicht mehr hinnehmen. In der nächsten Sitzung des SGB-Betriebsausschusses wollen sie die Stellungnahme haben. Spannend bleibt es auch, weil Ex-SGB-Chef Naujoks in vielerlei Hinsicht zwischen Legionellen und WCCB im Zwielicht steht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn beim WCCB wegen des Verdachts auf Betrug im besonders schweren Fall und gegen das städtische Rechtsamt (Aula-Decke) wegen Verdachts der Strafvereitelung. Die Stadt prüft noch, ob sie ihrem Angestellten (175 000 Euro Jahresgehalt) kündigt oder nicht.

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