Kommentar: Entlarvendes Bedürfnis

Stadt, City, Ville - mit diesem Dreiklang, den die Stadt Bonn vor ihren Namen gestellt hat, gibt sie ihrem Selbstverständnis als weltoffene, internationale Stadt Ausdruck.

Umso peinlicher ist es, wenn in einer Broschüre dieser Stadt einer der städtischen Kindergärten unter anderem damit beworben wird, dass der Anteil von Familien mit Migrationshintergrund minimal sei. Man würde sicherlich übers Ziel hinausschießen, wenn man den Verantwortlichen in Verwaltung oder Kindertagesstätte diskriminierende oder gar rassistische Absichten vorwerfen würde. Eine entlarvende Gedankenlosigkeit ist dies allemal.

Entlarvend deshalb, weil hinter dieser Formulierung mehr steckt als ein Ausrutscher. Sondern offensichtlich ein weit verbreitetes Bedürfnis nach genau solchen Kitas, ohne vermeintliche soziale Härtefälle: "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern, sing nicht ihre Lieder ...".

Es schadet Kindern nicht, wenn man mal die Käseglocke lupft und ihnen zeigt, dass es außerhalb der heilen eigenen Welt eine gibt, die oft komplizierter ist. In der alleinerziehende Väter und Mütter unter großer Anstrengung versuchen, ihren Kindern trotz aller Probleme ein schönes Leben zu gewährleisten.

In der Menschen ihre Heimat verlassen, weil Meinungsfreiheit und regelmäßiges Essen eben keine Selbstverständlichkeit sind. Kinder, die unter leichteren Bedingungen groß werden, zerbrechen an solchen Erfahrungen nicht. Sie können daran reifen. Man muss nur bereit sein, die Fragen zu beantworten, die Kinder dann haben.

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