Kommentar Keine Anklage gegen Dieckmann - Die Zweifel bleiben

BONN · Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen. Der Satz dürfte vielen durch den Kopf schießen, wenn sie von der Einstellung des Verfahrens gegen die frühere Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann erfahren.

Das Desaster um das World Conference Center Bonn (WCCB) wird nach jetzigem Stand keine strafrechtlichen Folgen für sie haben. Die WCCB-Projektleiter Hübner und Zwiebler dagegen sind wegen des Verdachts der Untreue angeklagt.

Im laufenden Prozess gegen "Investor" Kim und andere zeigt sich immer deutlicher, wie frühzeitig die Stadtverwaltung gewusst haben muss, dass der Zampano aus Südkorea kein Geld hatte. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass Hübner und Zwiebler in dieser Lage wichtige Entscheidungen getroffen haben sollen, ohne sich den Segen der mächtigen Oberbürgermeisterin zu holen.

Aber wenn etwas naheliegend ist, reicht das noch nicht für eine Anklage. Die Staatsanwaltschaft braucht Beweise, Schriftstücke, Zeugenaussagen. Bisher haben die Ex-Projektleiter sich zu Dieckmanns Rolle nicht konkret geäußert. Das ändert sich vielleicht, wenn sie selbst vor Gericht stehen. Sollten sie ihre frühere Chefin belasten, wäre eine Wiederaufnahme des Verfahrens gegen Dieckmann möglich.

Vielleicht ist genau das das Kalkül der Staatsanwaltschaft. Vielleicht ist Bärbel Dieckmann - juristisch betrachtet - aber auch tatsächlich unschuldig. Eine Schuld gegenüber den Bürgern trägt sie auf jeden Fall: Die Stadtverwaltung hat unter ihrer Führung eine finanzielle Katastrophe verursacht, unter der die Bonner noch viele Jahre leiden werden.

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