Bunkeranlagen in Bonn Im Ernstfall Platz für 40.264 Bürger

BONN · Bunker, Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und der Godesberger Straßentunnel bieten im Krieg Schutz vor Bomben. Einziger eingerichteter Schutzraum ist der Bunker an der Theaterstraße.

Monoton brummen Neonröhren, werfen ihr fahles Licht auf graue Liegen und orange Sitzschalen. Schimmelflecken breiten sich hier und da auf den fensterlosen Betonwänden aus. In den Duschräumen sticht das poppige Grün der Vorhänge sonderbar vom Grau der Trennwände ab. Rost nagt an Toiletten und Waschbecken. Die Luft klettert einem kalt in den Nacken.

Der Tiefbunker in der Theaterstraße ist kein Ort zum Wohlfühlen. Nicht in Friedenszeiten. Und wohl auch nicht in Kriegszeiten, wenn 2600 Menschen dicht an dicht auf zwei unterirdischen Etagen Schutz vor Bomben suchen müssten.

Dort sowie in weiteren Tief- und Hochbunkern, Stollen, aber auch U-Bahnhöfen und Tiefgaragen und selbst im Godesberger Straßentunnel - geplant zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs - würden im Ernstfall 40.264 von derzeit 307.814 Bonnern Zuflucht finden. Dabei gilt: Wer zuerst kommt, dem wird Einlass gewährt. Und wenn der Schutzraum voll ist, kommt niemand mehr rein. Zählwerke wachen über die exakte Zahl der Personen.

20 Schutzräume - alle bis zu einem gewissen Grad auch atombombensicher - gibt es in der Stadt. "Im Vergleich zu anderen Städten ist Bonn damit noch gut dran", sagt Franz Wahlen, Sachgebietsleiter Katastrophenschutz der Verwaltung.

Ein halbes Jahr beträgt die Vorlaufzeit, die für eine entsprechende Aufrüstung nötig wäre. Sie macht deutlich, dass der "Verteidigungsfall", wie Brandamtsrat Wahlen sagt, nach dem Ende des Kalten Kriegs sehr unwahrscheinlich geworden ist. In einem solchen Fall müsste in Bonn einiges getan werden.

Der Tiefbunker in der Theaterstraße, den es schon im Zweiten Weltkrieg gab, ist der einzige öffentliche Zivilschutzraum in Bonn, der komplett eingerichtet ist. In den 60er Jahren wurde er zuletzt saniert. Auch wenn das Wasser in Waschbecken und Toiletten rostige Spuren hinterlässt und manche Liege ein Loch hat, ist dieser komplett möblierte Schutzraum wesentlich schneller einsatzbereit als die übrigen.

Selbst die Sand- und Aktivkohlefilter stehen bereit und müssen im Falle eines Atomkriegs nur an das Belüftungssystem angeschlossen werden. Grund für die komplette Ausstattung: Der Bunker nahe der Beethovenhalle dient Seminarteilnehmern der Ahrweiler Akademie für Notfallplanung und Zivilschutz als Anschauungsobjekt.

"Eine organisierte Schutzraumverwaltung ist zurzeit gar nicht möglich. Dafür fehlt Geld und Personal", sagt Wahlen. "Der Bund als Eigentümer der Schutzräume hat das Zivilschutzgesetz erlassen und die Verwaltung auf die Kommunen abgeschoben. Aber denen fehlt schlicht das Personal." So kümmert sich die Feuerwehr gezwungenermaßen mehr schlecht als recht um die Stollen und Bunker.

Unterstützung bekommt sie dabei vom Technischen Hilfswerk (THW). Für die regelmäßigen Kontrollen der Bauten ist Schutzraumwart Heinz-Josef Henrich zuständig. Auch für den in der Theaterstraße. Kleinere Mängel wie kaputte Leuchtstoffröhren oder Abwasserpumpen repariert Henrich mit Hilfe der THW-Leute selbst. Größere Schäden am Belüftungssystem, defekte Motoren am Notstromaggregat oder eindringendes Grundwasser meldet er, und die Stadt beauftragt die entsprechenden Firmen für die Reparaturen. Die Kosten dafür trägt der Bund.

Benutzt wurden in den vergangenen Jahren nur zwei Schutzräume. Anfang der 90er Jahre diente der Hochbunker in der Windeckstraße nahe dem Stadthaus als Unterbringung für Sinti und Roma aus Osteuropa. Flüchtlinge aus der DDR fanden vorübergehend Unterkunft im Tiefbunker, dem ehemaligen Hilfskrankenhaus, in der Siegburger Straße.

Alle Schutzräume:

Tiefgarage Oxfordstraße (2500 Plätze); Tiefbunker Theaterstraße (2600); U-Bahnhof Hauptbahnhof (4500); Tiefgarage Südstraße (530); Tiefgarage Hans-Böckler-Straße (1362); Hochbunker Windeckstraße (843); Tiefgarage Josef-Wirmer-Straße (850); Tiefgarage Friedensplatz (3 750); Tiefgarage Koblenzer Straße (313); Hochbunker Quirinusplatz (870); Stollen Trierer Straße (410); Hochbunker Lotharstraße (1 137); Hochbunker Goetheallee (634); Stollen Godesburg (545); U-Bahnhof Bad Godesberg-Mitte (2310); Stadtbahntunnel Wurzer-/Plittersdorfer Straße (4 000); U-Bahnhof Stadthalle (2 360); Tiefgarage Haus der Geschichte (750); Tiefbunker Siegburger Straße (1000); Straßentunnel B9 (9000).

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