Beethovenfest-Intendantin "Ich teile die vielen Sorgen in der Stadt"

BONN · Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner sieht das geplante Festspielhaus in Bonn skeptisch.

Zwar würde sie sich freuen, wenn die Feierlichkeiten zum Beethoven-Jubiläumsjahr 2020 in einer neuen Halle stattfänden, sagte sie bei einem Treffen des Bonner Medien-Clubs im Hotel Königshof. Aber sie teile auch "die vielen Sorgen in der Stadt" vor einem möglichen "Millionengrab".

Wagner, die das Kunstfest in Weimar aufgebaut und zehn Jahre geleitet hat, wies auf Risiken im Businessplan des Festspielhauses hin. Die entscheidende Frage sei nicht, ob die Baukosten von rund 70 Millionen Euro von der Deutschen Post DHL und anderen privaten Investoren aufgebracht werden könnten. Entscheidend sei viel mehr, wie später die Betriebskosten gedeckt würden.

Die rund 175.000 Besucher pro Jahr, mit denen im Businessplanentwurf für das Festspielhaus gerechnet wird, erscheinen der seit 2014 amtierenden Intendantin offenbar als zu hoch gegriffen. In ihrer Rede vor dem Medien-Club wies die Urenkelin des Komponisten Richard Wagner auf das allgemein nachlassende Interesse an klassischer Musik hin. Selbst die Kölner Philharmonie lebe in erster Linie von der Vermietung des Hauses an andere Veranstalter: "Die Klassik ist dort nur das Sahnehäubchen." Im Festspielhaus werde es also ein gemischtes Programm geben müssen. Und dabei konkurriere es mit der alten Beethovenhalle nebenan. Das Festspielhaus soll mit 1500 Plätzen ein ähnliches Fassungsvermögen haben wie die Beethovenhalle.

Im Businessplan, den die Beratungsfirma Metrum im Postauftrag erstellt hat, sind neben dem Beethovenfest zwei weitere jährliche Klassikfestivals vorgesehen. Auch dazu äußerte sich die Intendantin zumindest in einem Punkt kritisch: Mit diesem Konzept gehe die "Juwel"-Funktion, also das Alleinstellungsmerkmal des Beethovenfestes verloren. Sie geht damit auf deutliche Distanz zu ihrer Vorgängerin Ilona Schmiel, die eine glühende Festspielhausbefürworterin ist.

Die Akustik der Beethovenhalle lasse sich im Zuge der notwendigen Sanierung technisch verbessern, sagte Wagner. Sehr viel "schöner als heute" werde das denkmalgeschützte, 1959 eröffnete Gebäude aber wohl auch nach dem Umbau nicht sein, den die Stadtverwaltung zuletzt auf rund 30 Millionen Euro veranschlagt hatte. Dieses Geld müsste die Kommune aus eigener Kraft aufbringen - also über neue Kredite finanzieren.

Als Alternative zur Beethovenhalle kann sich Nike Wagner klassische Konzerte in einem mobilen, aufblasbaren Konzertsaal vorstellen, der nach dem Festival wieder demontiert werden könnte. Beispiele gebe es bereits, so die Intendantin. In einer solchen Konstruktion hätten problemlos die 600 Zuhörer Platz, die man für klassische Konzerte erwarten könne.

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