"Hier haben uns die Bürger überholt"

Der Schulausschuss stimmt mehrheitlich dafür, zum Schuljahr 2008/2009 mit einer Gesamtschule in der Hauptschule in Oedekoven zu starten. Den entscheidenden Errichtungsbeschluss muss nun der Rat fassen

Alfter. Im Grunde genommen war die Diskussion des Tagesordnungspunktes 34 "Errichtung einer Gesamtschule" im Alfterer Schulausschuss schon vor ihrem Beginn entschieden. Lange bevor am Dienstagabend gegen 18 Uhr mehr als 200 Eltern das Oedekovener Rathaus auf der Suche nach einem Parkplatz umkreisten und sich die mitgereisten Kinder Schilder mit den Aufschriften "Ich mache Abi in Alfter!", "Wenn nicht jetzt, wann dann?" oder "Die Schule für alle Kinder in Alfter!" um den Hals hängten.

Und selbst dann, als die Kommunalpolitiker nach einstündigem, unspektakulärem Austausch mit 16 Ja-Stimmen mehrheitlich für den Start einer Gesamtschule zum Schuljahr 2008/2009 in den Räumen der Hauptschule in Oedekoven votierten, erschien dies nur als logische Konsequenz der Ereignisse. Daran änderten auch die Enthaltung von Rüdiger Pfromm (CDU), der ein auf die Sekundarstufe I beschränktes Gesamtschul-Modell vorgeschlagen hatte, und Ilse Wetzel (CDU) nichts, die als Einzige gegen den Antrag von Grünen, SPD, FDP und UWG stimmte. Denn, so brachte es Uwe Tarnow (SPD) innerhalb der ersten Minuten der Sitzung auf den Punkt: "Hier haben uns die Bürger überholt." Der Rat müsse sich nun mit einem Errichtungsbeschluss "sputen".

Das seien sie dem "Elternrecht" und dem "Kinderwohl" schuldig, ergänzte Heidrun Japs (SPD). Der im Mai gegründeten Elterninitiative, der mittlerweile 30 Mütter und Väter angehören, ist es nicht nur in gerade einmal fünfeinhalb Wochen gelungen, 122 Absichtserklärungen - und damit zehn mehr als gefordert - aus Alfter für den Bedarf einer Gesamtschule nachzuweisen. Ganz nebenbei hat die Gruppe damit auch dokumentiert, dass die oft als "kleines Alfter" betrachtete Gemeinde durchaus das Potenzial für den Standort einer Gesamtschule hat und sich gegenüber den Schulstädten Bornheim und Bonn sehr wohl behaupten kann.

Und wie bereits bei der früheren Debatte um die Zahl der Baugebiete in der Kommune, ist es erneut einer Initiative gelungen, sowohl Alteingessene als auch Neubürger auf ihre Seite zu ziehen. "Wir sind auf sehr viel positive Resonanz gestoßen, nicht nur bei Familien mit vor- und grundschulpflichtigen Kindern, sondern auch bei älteren Mitbürgern, die die Entwicklung von Alfter schon über mehrere Jahrzehnte verfolgen und häufig meinten: “Das wird ja auch Zeit!„", sagte Salchow, als sie der Schulausschuss-Vorsitzenden Maria-Luise Streng (UWG) zusammen mit den Müttern Corinna Landsberg und Sylvia Nettekoven zwei Ordner überreichte. Ihr Inhalt: die 122 Absichtserklärungen aus Alfter, 36 weitere Anmeldungen von Mädchen und Jungen aus Bornheim, Meckenheim, Wachtberg, der Grafschaft und Bonn - vier davon haben einen Förderbedarf, sowie 400 Unterschriften von Bürgern, "die unsere Forderung mitunterstützen".

Um erst gar keinen Zweifel an dem Erfolg des Projekts Gesamtschule aufkommen zu lassen, betonte Salchow außerdem, dass "das obere Leistungsdrittel mit mehr als 50 Anmeldungen erreicht wurde". Wie mehrfach berichtet, muss bei der Errichtung einer Gesamtschule unter anderem die Leistungsheterogenität berücksichtigt werden. Demnach müssen die interessierten Schüler zu gleichen Teilen aus potenziellen Haupt-, Realschülern und Gymnasiasten bestehen. Mit dem Beschluss des Ausschusses ist die Gemeinde Alfter nun in der Pflicht, "so schnell wie möglich" ein "renommiertes Fachbüro" mit einem anlassbezogenen Schulentwicklungsplan zu beauftragen, der noch in diesem Jahr der Bezirksregierung in Köln vorgelegt werden soll. Zudem wird Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper Gespräche mit den Nachbarkommunen führen - unter der Bedingung, dass nur Oedekoven als Gesamtschul-Standort in Frage kommt.

Die Rückendeckung der Kommunalpolitiker dürfte Steinkemper dabei gewiss sein. Mechtild Wallraff-Kaiser (Grüne) sprach von einem "enormen Schub" und einer "Aufwertung des Schulangebots" in Alfter, Bernhard Schürmann (UWG) lobte die "gute und erfolgreiche Arbeit" der Initiative und Karl-Rudolf Hellmann (CDU) erklärte seine "volle und ganze Anerkennung". Interessant war auch der Einwand von Monika Kuhlmann (FDP), die für eine Gesamtschule plädierte, die die Sekundarstufe II einschließt. Als falsch stellte sich das im Ausschuss kursierende Gerücht heraus, dass die Landesregierung zurzeit keine gymnasiale Oberstufe bei Neugründungen genehmige. "Das stimmt definitiv nicht", sagte ein Sprecher des NRW-Schulministeriums auf Anfrage des GA.

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