"Haben Sie mal zehn Minuten Zeit für Kunst?"

Der Künstler Anthony DiPaola aus Washington schenkt Passanten auf dem Münsterplatz ein Porträt.

 Künstler Anthony DiPaolo porträtiert Passanten.

Künstler Anthony DiPaolo porträtiert Passanten.

Foto: Barbara Frommann

Bonn.

In Anlehnung an das Konzept der Esthétique Relationnelle stellt der 39-Jährige Fragen wie "Haben Sie zehn Minuten Zeit für ein Geschenk?" und bietet dann an, ein Portrait zu malen.

Köller ist einverstanden, und ihr Freund Raffaele Oehmen assistiert. Letztlich sucht der Künstler das Gespräch über Kunst. "Und die ist nicht Kommerz, obwohl ich zwischen zwei Kaufhäusern sitze", meint DiPaola, der als Professor am Corcoran College of Art and Design in Washington lehrt.

Mit schnellen Bleistiftstrichen skizziert er die junge Frau. Dann holt er die Tuschpinsel heraus. "Nicht lachen, das ist auf Dauer anstrengend", sagt er und spricht mit dem Paar über dessen Ausbildung, über seine Tätigkeit und das, was er mit seiner Aktion in den Bonner Alltag bringen möchte: Eben ein Geschenk für die Bürger, deren Gastfreundschaft er mit seiner Familie für Monate gespürt habe.

"Wir sollten uns alle wirklich viel mehr Zeit für die Kunst nehmen", meint das junge Pärchen, als es mit dem fertigen Porträt weitergeht. Da hat DiPaola schon das nächste Modell auf dem Klappstuhl sitzen - eine Dame, die seine abstrakte Kunst sogar schon ausgestellt gesehen hat. "Das mache ich jetzt aber nur, weil Sie es sind", sagt Christa Dürr.

Um dann mit DiPaola zu diskutieren. "Sie sind doch viel zu gut, um hier auf der Straße zu malen", wundert sie sich. Ach, er sei also ein Gutmensch und mache diese Aktion aus Liebenswürdigkeit für Bonn? "Donnerwetter", entfährt es Dürr.

Und plötzlich ist sie diejenige, die von dem Treffen mit dem Maler profitiert. "Ich habe mir die Menschen auf dem Münsterplatz noch nie so genau angeguckt. Das ist ja echt interessant, wenn man hier mal innehält." Das Porträt gerät dann auch sehr nachdenklich.

Es gehe hier gar nicht um Ähnlichkeit wie bei Straßenzeichnern, sondern um den Ausdruck. DiPaola habe ihr etwas geschenkt. "Und wir beide haben gesehen, dass Kunst nicht nur in der Galerie hängen muss", sagt DiPaola.

Bis kommenden Freitag sitzt Anthony DiPaola täglich von 12 bis 14 Uhr auf dem Münsterplatz.

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