Gerlind Bode: "Es entsteht eine ganz besondere Verbundenheit"

Interview mit der stellvertretenden Vorsitzenden vom Förderkreis für krebskranke Kinder und Jugendliche der Universitäts-Kinderklinik Bonn. Der Förderkreis der Kinderkrebsabteilung in der Universitäts-Kinderklinik Bonn besteht aus Eltern, deren Kinder an Leukämie erkrankten.

 Gerlind Bode, Gründungsmitglied des Förderkreises.

Gerlind Bode, Gründungsmitglied des Förderkreises.

Foto: privat

Der Förderkreis für krebskranke Kinder und Jugendliche Bonn e.V. ist ganz eng an die Abteilung Pädiatrische Hämatologie / Onkologie der Bonner Uni-Kinderklinik angeschlossen. Wie lange gibt es den Förderkreis schon und wie ist er entstanden?
Bode: Der Förderkreis wurde 1982 gegründet - wir feiern also nächstes Jahr unser 30jähriges Jubiläum. Initiiert wurde er von der der Station und einigen Eltern, insbesondere der Familie Hennemann, deren Tochter damals an einem bösartigen Tumor starb. Lutz Hennemann ist bis heute unser Vorsitzender. Mittlerweile haben wir mehr als 500 Mitglieder.

Wie kamen Sie zum Verein?
Bode: Mein Mann begann 1980, die Abteilung Kinderonkologie der Uniklinik aufzubauen und war lange Jahre deren Leiter. Ich habe mich um die Informationen für die Patienten und Familien gekümmert und bin Gründungsmitglied.

Sind Sie mit anderen, ähnlich arbeitenden Vereinen vernetzt?
Bode: Ja, die lokalen Elterngruppen sind in einem Dachverband organisiert. Es gibt in Deutschland über 80 Elterngruppen. Seit 1984 arbeiten wir auch mit ähnlichen Organisationen in anderen Ländern zusammen und tauschen Informationen aus. International gibt es knapp 150 Mitglieder aus 80 Ländern. Einmal im Jahr treffen sich die Gruppen im Rahmen der Tagungen der internationalen Fachvertretung der Kinderkrebsärzte. So sind wir gut vernetzt und stets auf dem neuesten medizinischen Stand.

Was sehen Sie als Hauptaufgabe der Elterngruppen?
Bode: Wichtig ist: Wir haben es geschafft, dass Kinderkrebs kein gesellschaftliches Tabuthema mehr ist. Die Bonner Elterngruppe ist entstanden, um die psychosoziale Betreuung auf der Station zu verbessern. Es ist nicht nur das Kind, das krank ist, sondern die ganze Familie. Da geht es oft um das ?Einfach da sein?, darum, Ansprechpartner zu sein. Aber der Bonner Förderkreis finanziert auch professionelle Kräfte auf der Station. Zum Beispiel eine Sozialarbeiterin, die den Eltern der behandelten Kinder bei der Bürokratie hilft - das ist ein ganzer Berg, den es da zu bewältigen gilt, nicht nur im medizinischen Sinne. Zum Beispiel: Was ist zu tun, wenn die Mutter wegen der Rundumbetreuung den Job aufgeben muss, mit ihrem Gehalt aber das Haus abbezahlt werden sollte.

Finanziert der Verein auch die psychologische Betreuung?
Bode: Nein, das wird von der Universität finanziert. Aber wir finanzieren eine Erzieherin, die mit den Kindern spielt und auch über ihre Zusatzausbildung als Kunsttherapeutin einen ganz besonderen Zugang zu den Kindern aufbauen kann. Dann sorgen Mitarbeiterinnen unserer Elterngruppe für ein kindgerechtes, nettes Aufbereiten des Klinikessens. Wir gehen auch auf Wünsche ein - wenn es zum Beispiel mal Pizza sein soll. Das ist einfach auch ein Teil der psychosozialen Betreuung - kleine Dinge, die den Familien helfen, diese schreckliche Zeit durchzustehen. Wichtig ist uns das Thema Schule: Es gibt Lehrer der städtischen ?Paul Martini Schule für Kranke?, die Kinder, die für längere Zeit auf der Station bleiben, unterrichten. Der Förderkreis sorgt darüber hinaus dafür, dass die Kinder per Netbook und Skype mit ihrer Schulklasse verbunden bleiben können, um dem Unterricht weiter folgen zu können, aber vor allem, damit sie nicht vom Klassenverbund isoliert sind. Die sozialen Kontakte sind im Verlauf einer so langen Behandlungszeit sehr wichtig.

Es gibt in Bonn ein Elternhaus. Wie ist dort die Unterbringung organisiert?
Bode: Das Elternhaus bietet zehn Zimmer und zwei Apartments und liegt drei Minuten zu Fuß von der Klinik entfernt - ich nenne das immer die ?Puschen-Einheit?: Man kann quasi mit Puschen in die Klinik kommen. Aber auf dem Weg ins Elternhaus bekommen die Eltern mal Wind in die Haare, legen einen kleinen Abstand zur Klinik zurück, können Energie tanken für den nächsten Tag.

Wie kommt man mit der ständigen Konfrontation mit der Krankheit zurecht?
Bode: Es gibt Eltern, die möchten nie wieder die Klinik betreten. Aber viele wollen anderen helfen - und können es auch am besten, weil sie aus ihrer persönlichen Erfahrung wissen, wie sich die Patienten-Familien fühlen. Wir Förderkreis-Mitglieder bekommen für unser Engagement sehr viel von den Patienten und ihren Familien zurück. Da entstehen Freundschaften, da gibt es eine ganz besondere Verbundenheit.

Wer kann Mitglied werden?
Bode: Eltern, deren Kinder betroffen waren, sind zur aktiven Mitarbeit am besten geeignet. Viele Freiwillige denken, mit ab und zu mal Vorlesen sei den Kindern geholfen. So ist das aber nicht, man braucht schon ein wenig Schulung und eine Menge Einfühlungsvermögen, um längerfristig helfen zu können und für die Familien da zu sein.

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