Fast zu schön, um wahr zu sein

Mit einem Schlag könnte die Stadt Bonn zwei ihrer ungeliebten Bausünden loswerden und ein Haus der Bildung gewinnen

 Zukunftsmusik: An der B 9 könnten nach den Vorstellungen des Stifters, der nicht genannt werden will, künftig die 1 600 städtischen Mitarbeiter Dienst tun, die heute im Stadthaus sitzen. Ein Neubau oder das sanierte Landesbehördenhaus würde zum neuen Stadthaus. Fotomontage: privat

Zukunftsmusik: An der B 9 könnten nach den Vorstellungen des Stifters, der nicht genannt werden will, künftig die 1 600 städtischen Mitarbeiter Dienst tun, die heute im Stadthaus sitzen. Ein Neubau oder das sanierte Landesbehördenhaus würde zum neuen Stadthaus. Fotomontage: privat

Bonn. Auf einen Schlag könnte die Stadt Bonn zwei ihrer ungeliebten Bausünden der Vergangenheit quitt werden. Dafür müsste die überraschende Offerte eines Stifters, der dem GA bekannt ist, aber nicht genannt werden will, Wirklichkeit werden.

Landesbehördenhaus Der Stifter verhandelt nach Angaben seiner Anwälte seit 2005 mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW über den Kauf des ehemaligen Landesbehördenhauses an der B 9. Er will in den nächsten Tagen dem BLB ein Kaufpreisangebot unterbreiten. Kommt es zum Kauf, will der Stifter auf dem 50 000 Quadratmeter großen Grundstück ein neues "Technisches Rathaus/ Stadthaus" bauen oder die bestehenden Gebäude nach einer Entkernung für diesen Zweck "neubaugleich" herrichten. Nach dem Bebauungsplan sei ein Neubau mit 65 000 Quadratmetern möglich, das heutige Stadthaus hat 50 000 Quadratmeter. (syl)Das Stadthaus, bis heute ein Fremdkörper am Rande der Bonner Altstadt, und das Landesbehördenhaus, Beton gewordener Albtraum an der B 9, wären ein für allemal Geschichte.

Und obendrein würde das Haus der Bildung am Bottlerplatz als Domizil für Volkshochschule und Stadtbibliothek entstehen.

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein, zumal sich auch die Unterbringung der zirka 1 600 städtischen Mitarbeiter, die dann das Stadthaus räumen müssten, von ganz allein regeln würde.

Der vom kinderlosen Stifter vorgeschlagene Ringtausch basiert darauf, dass die Verwaltungsarbeit für die Bundesstadt künftig an der B 9 erledigt wird.

Und zwar im Landesbehördenhaus, das Stadtdirektor Volker Kregel noch im Dezember 2009 als Plan B für das Festspielhaus ins Gespräch gebracht hatte. Ein Plan, der zwar die denkmalgeschützte Beethovenhalle retten sollte, aber ansonsten auf wenig Gegenliebe gestoßen ist.

Ein Abriss des Betonklotzes, der seit dem Auszug der Polizei Ende 2006 leer steht, würde wohl keinem die Tränen in die Augen treiben. Alternativ zu einem Neubau zieht der Stifter nach dem Schreiben seiner Anwälte auch eine Entkernung und den Umbau nach Neubaustandard ins Kalkül.

StadthausDer Stifter will laut Anwalt das Grundstück, auf dem sich heute das Stadthaus befindet, gemeinsam mit einem Partner erwerben und das Gebäude abreißen. Auf dem Gelände soll ein Immobilienkomplex aus Geschäften, Büros und Wohnungen entstehen. Laut Schreiben hat der Mandant der Kanzlei dafür auch bereits drei Unternehmen im Auge - Multidevelopment, ECE oder MFI . Mit allen Dreien seien bereits intensive Gespräche geführt worden. Geplant sei ein Komplex, der sich an den umliegenden orientiere. Wer Partner wird, werde erst nach einem Investorenwettbewerb zusammen mit der Stadt entschieden. (hek)

Seit seinem Bau umstritten ist das Stadthaus, das von 1973 bis 1977 nach Plänen der Architekten Heinle, Wischer und Partner gebaut wurde. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Verwaltung im alten Stadthaus am Bottlerplatz und im Rathaus untergebracht gewesen.

Doch mit der Eingemeindung von Beuel, Bad Godesberg und Duisdorf im Jahr 1969 wurden die alten Häuser zu klein.

Nicht zuletzt der für den Neubau notwendige Abriss mehrerer Straßenzüge der gründerzeitlichen Neustadt löste jedoch Proteste aus und sorgte dafür, dass sich viele Bonner bis heute nicht mit dem Glaspalast anfreunden können.

"Das Stadthaus muss weg", hatten jüngst noch Anwohner und Altstadtinitiative den Abriss des auch von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch als "größter Energiefresser" deklarierten Stadthauses gefordert.

Zugleich mit den Träumen der Altstädter könnte der von VHS-Chefin Ingrid Schöll in Erfüllung gehen. Im Vorgängerbau des Stadthauses am Bottlerplatz würde sich auf wundersame Weise der Kreis schließen: Das Haus der Bildung, bisher Spielball politischer Auseinandersetzung, entstünde dort.

Bottlerplatz/SiemenshausNach Angaben seiner Anwälte zieht der Stifter in Erwägung, mit einer dafür noch zu gründenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts den Gebäudekomplex aus Altem Stadthaus und Siemenshaus am Bottlerplatz zu erwerben. Anschließend würde er beide Gebäude sanieren, damit sie als Haus der Bildung genutzt werden können. Der Stifter geht davon aus, dass für die Sanierung mit dem Amt für Denkmalschutz eine Lösung gefunden wird, die Nutzung durch Volkshochschule und Stadtbibliothek zu realisieren und den Kostenrahmen von 20 Millionen Euro nicht zu überschreiten. Alternativ käme auch der Windeckbunker in Frage. (syl)

ReaktionenAuch für die Politiker war es eine Überraschung, als OB Jürgen Nimptsch sie am Montag über die Offerte des Stifters informierte. Am Abend berieten sie bereits in ihren Fraktionssitzungen. In einer ersten Stellungnahme sagten:

Benedikt Hauser (CDU): "Es wäre sehr erfreulich, wenn jemand kommt, um in Bonn Geld zu investieren. Wir müssen das Angebot jetzt erst mal prüfen. Ich gehe davon aus, dass Herr Nimptsch uns alsbald eine Bewertung zukommen lässt. Für mich ist die Sache aufgrund eines Zwei-Seiten-Briefes nur schwer zu erfassen."

Bärbel Richter (SPD): "Wenn das funktionieren würde, wäre es natürlich ein Kracher. Wir müssen das Angebot jetzt schnell auf Seriosität prüfen. Wenn es dazu käme, wäre es ein Traum, auf diese Weise ein paar "Baustellen" wegzuräumen."

Doro Paß-Weingartz (Grüne): "Wir nehmen das Angebot sehr ernst, können es aber noch nicht abschließend bewerten. Gerade vor dem Hintergrund der schlechten Erfahrungen in jüngster Zeit müssen wir erst einmal belastbare und seriöse Zahlen haben."

Werner Hümmrich (FDP): "Eine honorige Sache, die erst mal ein bisschen ungewöhnlich klingt. Ob es zur Realisierung kommt, bedarf weiterer Gespräche." (kf)

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