Prozess um Bonner Bombe Ex-Freundin von Marco G. gibt Auskunft über den Angeklagten

DÜSSELDORF · Welches Vorleben hat der wegen des versuchten Bombenanschlags im Bonner Hauptbahnhof am 10. Dezember 2012 angeklagte Islamist? Das versucht der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Frank Schreiber herauszufinden.

Es war eine kurze, aber folgenreiche Beziehung im Leben des mutmaßlichen Bombenlegers Marco G. Am Montag schilderte eine ehemalige Freundin des 27-Jährigen vor dem Oberlandesgericht eine nur vier bis fünf Monate dauernde Liaison, aus der ein Kind hervorging. Eine Tochter, die der Angeklagte anders als die beiden Kinder, die er mit seiner jetzigen Lebensgefährtin hat, nie als seine Tochter akzeptiert zu haben scheint. So jedenfalls stellte es Deisy M., die Mutter der heute Achtjährigen, im Zeugenstand dar.

Welches Vorleben hat der wegen des versuchten Bombenanschlags im Bonner Hauptbahnhof am 10. Dezember 2012 angeklagte Islamist? Das versucht der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf unter Vorsitz von Frank Schreiber herauszufinden. Während G.s Familienangehörige - seine deutsche Mutter, sein getrennt lebender ägyptischer Vater, seine Schwester und seine mit ihm nach islamischem Recht verheiratete Frau - mit Verweis auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nicht aussagen werden, hat das Gericht die Ex-Freundin Deisy M. als Zeugin vorgeladen.

Die 28 Jahre alte Hausfrau lernte G. zunächst als "normalen, sympathischen Mann" Ende 2005 in einer Disco in Oldenburg kennen, wo G. nach GA-Informationen bis 2011 lebte, bevor er nach Bonn zog. Viel weiß die damalige Berufsschülerin nicht über ihren Ex-Freund zu berichten. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, was G. beruflich gemacht oder angestrebt habe, sagt sie: "Das weiß ich nicht. Seine Mutter erzählte mir mal, das Marco Koch werden wollte." Auch auf die Frage des Gerichts, ob G. Drogen konsumiert habe, kann Deisy M. nur antworten, sie habe lediglich von Dritten gehört, G. habe "mal einen geraucht".

Mehr weiß sie hingegen über G.s Eitelkeit zu berichten: "Er legte viel Wert auf sein Äußeres, ging einmal pro Woche zum Friseur." Auch schildert sie, dass ihr Freund sich nach einiger Zeit verändert habe: "Er konnte sehr eifersüchtig sein, wollte wissen, wohin ich gehe, und schrieb mir vor, wie ich mich zu kleiden habe." Miniröcke wollte er demnach nicht an seiner Freundin sehen. Mit ihm in Ruhe zu reden, sei sehr schwierig gewesen.

Nach vier, fünf Monaten habe sie sich von ihm getrennt. Von der Schwangerschaft erfuhr Marco G. dann erst. "Und er reagierte sehr wütend", so die Zeugin. Sowohl er als auch seine Mutter sollen ihr nahegelegt haben, das Kind abzutreiben. Deisy M. entschied sich anders, sah aber nie einen Cent Unterhalt. Im Gegenteil. Erst ein Vaterschaftstest musste belegen, dass G. der leibliche Vater ist. Er selbst schien damals keinen Kontakt zu seinem eigenen Vater gehabt zu haben. "Ich hatte aber den Eindruck, dass ihm ein Kontakt sehr wichtig zu sein schien." Er habe immer nach seinem Vater gesucht. "Anerkennung war ihm wichtig, war mein Eindruck", sagt Deisy M.

Einen sonderlich religiösen Eindruck habe G. nicht auf sie gemacht. Ihr damaliger Freund, der noch bei seiner Mutter wohnte, habe einen Koran gehabt. Über Religion hätten sie aber nie gesprochen. Später, "als er in Untersuchungshaft saß - warum weiß ich nicht - war er mit einer Muslimin zusammen".

Erst zum Schluss fragt Richter Schreiber die Zeugin, ob sie ihren Ex überhaupt noch erkenne. Deisy M. schaut hinüber zur Anklagebank, wo neben G. noch drei weitere bärtige Männer sitzen. Die Islamisten sollen 2013 gemeinsam versucht haben, einen Pro-NRW-Politiker zu töten, lautet ein weiterer Anklagepunkt. Deisy M. erkennt ihn. Doch Marco G., der die gemeinsame Tochter nie gesehen hat, nur einmal auf einem Foto, zeigt keinerlei Regung.

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