Haushalt in Bonn Erst das Melbbad, nächstes Jahr das Friesi

BONN · Wenn Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Stadtkämmerer Ludger Sander gemeinsam vor die Presse treten, haben sie selten gute Nachrichten dabei. Am Montag hatten sie immerhin eine. Zumindest aus ihrer Sicht. Denn beide sind zuversichtlich, dass der Stadt Bonn der Nothaushalt erspart und ihr die politische Gestaltungsfreiheit erhalten bleibt. Doch der Preis dafür ist hoch.

 Gerade erst für 2,8 Millionen Euro saniert, jetzt auf der Streichliste des Kämmerers: Das Melbbad soll in diesem Jahr nicht mehr öffnen.

Gerade erst für 2,8 Millionen Euro saniert, jetzt auf der Streichliste des Kämmerers: Das Melbbad soll in diesem Jahr nicht mehr öffnen.

Foto: Volker Lannert

Dann wird sich zeigen, ob die brisanten Sparvorschläge aus der aktualisierten Giftliste des OB und Kämmerers Bestand haben:

  • So soll das Melbbad in Poppelsdorf in diesem Sommer gar nicht mehr öffnen und das Friesdorfer Freibad, das "Friesi" ab nächstem Jahr geschlossen bleiben. Obgleich die Stadt Bonn das Melbbad gerade erst für 2,8 Millionen Euro saniert hat. Allerdings: Bei den Schwimmbädern konnten die Bürger im Rahmen der Bürgerbeteiligung "Bonn packt's an" mitreden, und da sprachen sich beim Melbbad zwar 958 Teilnehmer gegen eine Schließung aus, aber immerhin 485 dafür.
  • Erst im vergangenen Jahr hatte die Stadt Gewerbe- und Grundsteuer B erhöht. 2013 sollen beide erneut angehoben werden, beide jeweils um 20 Prozentpunkte. Alleine bis 2015 verspricht sich die Stadt Mehreinnahmen von 23,1 Millionen Euro. Erst in diesem Jahr eingeführt, könnte die Zweitwohnungssteuer 2013 bereits um einen Prozentpunkt auf 13 angehoben werden.
  • Auch Hundehalter sollen mehr zahlen, wie viel genau, konnte die Stadt am Montag nicht sagen. Jährlich erwartet der Kämmerer ab 2013 zusätzliche Einnahmen von 108.000 Euro. Mit dieser Erhöhung folgt er einem klaren Votum der Bürger: 1 278 hatten sich für eine Erhöhung ausgesprochen, nur 326 dagegen.
  • Die bereits diskutierte und im vergangenen Jahr noch von der Politik abgeschmetterte Bettensteuer bringt Ludger Sander wieder aufs Tapet. Und hat dabei Rückenwind: 916 Bürger sind dafür (390 dagegen), dass Hoteliers fünf Euro pro Übernachtung an die Stadt abführen sollen.
  • Parken auf städtischen Parkflächen (also nicht in Tiefgaragen) soll ab 2013 teurer werden, voraussichtlich um 50 Cent pro Stunde.
  • Aufpassen müssen Autofahrer vielleicht schon im nächsten Jahr auf Autobahnen im Stadtgebiet. Denn die Kommune will stationäre Radarfallen aufbauen und so 250.000 Euro pro Jahr einnehmen. Und stützt sich auch dabei auf das Votum der Bürger: 1 187 konnten sich diesem Vorschlag an die Politik anschließen, nur 321 halten das für keine gute Idee.
  • Auch Automatenspieler sollen zur Kasse gebeten werden: Die Stadt will die Vergnügungssteuer für Spielgeräte erhöhen und verspricht sich ab 2013 Mehreinnahmen von 150.000 Euro.
  • Gespart werden soll im Sozialen: Die Wohlfahrtsverbände sollen bis 2015 insgesamt 1,7 Millionen Euro einsparen. Die freien Träger der Kinder- und Jugendarbeit sollen mit rund 3,3 Millionen Euro weniger ebenfalls bis einschließlich 2015 auskommen.
  • Wie genau die Einsparungen im Kulturbereich in den kommenden Jahren aussehen, dafür erarbeitet die Stadtverwaltung, wie berichtet, derzeit ein Kulturkonzept.
  • Für das World Conference Center Bonn (WCCB), die große Unbekannte im städtischen Haushalt, hat der Kämmerer bis 2015 insgesamt 17 Millionen Euro einkalkuliert. Ausgeblendet sind dabei aber die 104,3 Millionen Euro aus der bürgschaftsähnlichen Nebenabrede der Stadt gegenüber der Sparkasse KölnBonn (nachzulesen in der Millionenfalle 56, www.ga.de/millionenfalle).

Doch mit all diesen Sparvorschlägen ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht: "Noch nicht eingearbeitet sind die 50 bestbewerten Bürgervorschläge", so Ludger Sander. Nach einer ersten Bewertung führen sie zu einem Einsparpotenzial von rund 1,9 Millionen Euro.

Werden diese Vorschläge umgesetzt, könnte es in der Advents- und Weihnachtszeit aber ungemütlich werden: "Wie wäre es mit Sponsoren für die Weihnachtsbäume, die die Stadt alljährlich aufstellt?", schlug ein Bürger vor. Radikal umgesetzt ließen sich so 250.000 Euro pro Jahr sparen, rechnet die Stadt vor. Finden sich keine Sponsoren, "fehlen jedoch im Extremfall alle Weihnachtsbäume im städtischen Erscheinungsbild".

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