Einbruchserie in Bonn und der Region reißt nicht ab

Polizei hinkt Kriminellen hinterher - Profis hinterlassen am Tatort nur selten Spuren

Einbruchserie in Bonn und der Region reißt nicht ab
Foto: dpa

Bonn/Region. Die Zahlen sind alarmierend, das wissen auch die Ermittler, doch bisher haben sie die Einbruchserie in Häuser und Wohnungen nicht stoppen können. 954 Mal sind Täter nach Polizeiangaben zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 5. Januar 2010 in Bonn, dem Vor- und Siebengebirge eingestiegen; das sind fast zehn Taten pro Tag. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2007 registrierte die Behörde 1 344 Fälle.

Trotz ihrer im vergangenen Herbst gestarteten groß angelegten "Offensive gegen Einbrecher" mit Kontrollen, Befragungen im Wohnumfeld der Opfer, ständiger Präventionstipps und der Veröffentlichung des sogenannten Einbruchatlasses, mit dem die Polizei das Bewusstsein der Menschen im jeweiligen Wohnort schärfen will, nimmt die aktuelle Einbruchserie offenbar kein Ende.

Die Ermittler sind mehr oder weniger ratlos, auch wenn das nur unter der Hand zugegeben wird. Zwar gibt es nach Angaben der Beamten immer noch die kriminellen Jugendlichen und Drogenabhängigen, die in ihrem Wohnviertel irgendwo einsteigen, um die Beute in schnelle Euro umzusetzen ist, doch Wohnungseinbrüche sind zunehmend das Feld auswärtiger Profis geworden.

"Die rücken zu mehreren von irgendwo im Land an. Einer aus der Bande steht Schmiere, zwei oder mehrere durchsuchen innerhalb weniger Minuten das Haus. Das geht ruck, zuck, schon sind die fertig", sagt ein Ermittler.

Bis zum Verkauf der Beute sei alles straff organisiert. Die Banden kämen oft aus Osteuropa, schlügen heute im Ruhrgebiet, morgen in Rheinland-Pfalz und übermorgen in Bonn zu. Und die Kripo hinkt nicht selten hinterher. Wenn die Beamten am Tatort eintreffen, sind die Ganoven längst über alle Berge.

Einbrüche nehmen die Menschen vor allem seelisch mit. Sie leiden oft Jahre, manchmal ein Leben lang. Das Eindringen in den privaten Bereich führt zu psychischen Belastungen, unabhängig davon, ob etwas entwendet wurde oder nicht. "Bei jedem Geräusch gehe ich immer noch an die Tür und schaue.

Die Angst sitzt in einem drin. Sie geht nicht weg." Marlene M. ist vor drei Jahren Opfer eines Einbruchs geworden. Die Täter hatten die Terrassentür ihres Hauses aufgehebelt. Die alleinstehende Frau war am späten Nachmittag kurz vor Weihnachten nur schnell zum Bäcker gegangen.

Als sie zurückkam, waren Schmuck und Geld weg. Marlene M.: "Sie haben das Schlafzimmer durchwühlt. Dort standen Schränke und Schubladen offen." Bis heute sind die Täter nicht gefasst.

Die Aufklärungsquote der Bonner Polizei beim Wohnungseinbruch liegt bei zwölf Prozent. Ein Grund: Am Tatort finden sich selten brauchbare Spuren, die Täter tragen Handschuhe. Hauptkommissar Bernd Heinen: "Viele Türen oder Fenster sind schlecht gesichert. Und weil selbst die direkten Nachbarn nicht bekannt sind, fremde Personen und Fahrzeuge nicht auffallen, gibt es kaum Hinweise. Die Täter haben leichtes Spiel."

Der Einbruch bei Marlene M. ist laut Kripo typisch: Die Täter nutzen die frühe Dämmerung und die Tatsache, dass die Menschen das Licht in den Zimmern einschalten. So erkennen die Einbrecher bereits von außen, ob jemand zu Hause ist und suchen sich andere Objekte aus. Sie begeben sich hinters Haus und hebeln Fenster oder Türen auf.

Auf der Liste der Beute stehen nach Angaben eines Beamten Bargeld und Schmuck ganz oben: "Diese Dinge passen in die Jackentasche. Die Täter müssen zumeist nicht lange nach Diebesgut suchen, weil sie wissen, dass ältere Menschen ihre Wertsachen in der Regel im Schlafzimmer aufbewahren."

Sieben Irrtümer beim Einbruchschutz##OLIST##

"Mir passiert schon nichts." Ein Trugschluss. Alle zwei Minuten wird in Deutschland eingebrochen.

  1. "Bei mir ist nichts zu holen." Viele unterschätzen den Wert ihres Besitzes. Einbrecher nutzen aber jede Gelegenheit wie schlecht gesicherte Türen und Fenster.
  2. "Einbrecher kommen nur nachts." Einbrüche passieren häufig am Nachmittag und Abend.
  3. "Einbrecher kommen überall rein." Sichtbare Sicherungstechnik wirkt abschreckend auf den Täter, da sie die Einbruchzeit verlängert und das Entdeckungsrisiko erhöht.
  4. "Ich bin ja versichert." Auch die beste Versicherung kann keine Erinnerungsstücke ersetzen und das verloren gegangene Sicherheitsgefühl zurückbringen.
  5. "Einbruchschutz ist teuer und aufwendig." Auch mit wenig Aufwand und geringen finanziellen Mitteln kann man es den Einbrechern schwer machen.
  6. "Mir hilft ja doch keiner."
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