"Ein Anschlag auf die Poppelsdorfer Allee"

Eine Bürgerinitiative wehrt sich gegen Pläne eines Arztes, eine Methadon-Praxis an Bonns Prachtmeile einzurichten.

  Drohendes Ungemach auf der Poppelsdorfer Allee:  Anwohner wollen in der Nachbarschaft keine Methadon-Praxis, weil sie befürchten, dass sich die Drogenszene dann auf der Grünfläche tummelt.

Drohendes Ungemach auf der Poppelsdorfer Allee: Anwohner wollen in der Nachbarschaft keine Methadon-Praxis, weil sie befürchten, dass sich die Drogenszene dann auf der Grünfläche tummelt.

Foto: Volker Lannert

Poppelsdorf. Die Stimmung unter den mehr als hundert Teilnehmern ist aufgeheizt. Es ist die Rede vom "Anschlag auf die Poppelsdorfer Allee" und davon, dass "Sie dem Herzen der Stadt schweren Schaden zufügen".

Die Szene am vergangenen Montagabend mutete bizarr an: Der Gescholtene, Psychiater Dirk Lichtermann, der selbst nur Zuhörer sein wollte, steht plötzlich im Kreuzverhör vorne im Saal der DRK-Schwesternschaft nahe der Poppelsdorfer Allee - bedrängt von einem wahren Fragenfeuerwerk des Dikussionsleiters und Anwohners der Allee, Notar Dietrich Kleppi, und der sichtlich und hörbar aufgebrachten Nachbarschaft.

Meinung Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Konsequenter Protest"Der Stein des Anstoßes: Der Psychiater will auf Bonns Prachtmeile eine Suchthilfe-Praxis für 100 Heroinabhängige eröffnen. Schon am jetzigen Praxisstandort weht ihm der Wind heftig ins Gesicht: Der Vermieter in der Cassius-Bastei am Hauptbahnhof wirft dem Arzt vor, er habe ihn hinters Licht geführt und nicht klargemacht, dass zu seinen Patienten überwiegend Junkies zählen, die er mit Heroinersatzstoffen behandeln würde. Der Vermieter berichtete unter anderem von herumliegenden Spritzen.Und genau davor haben auch die Anwohner der Poppelsdorfer Allee Angst, die sich an diesem Abend zur Bürgerinitiative formieren. Aber auch davor, dass sich "auf unserer schönen Allee" (so eine Anwohnerin) die Drogenszene breitmacht und die Häuser an Wert verlieren. Man sei ohnehin schon seit vielen Jahren mit Vertretern der Szene geschlagen, die sich beim Verein für Gefährdetenhilfe bis abends aufhielten, die auf dem Gelände der Sternwarte und der Kreuzkirche dealten und spritzten, in Häuser einbrechen und stehlen würden.

Die MethadonsubstanzWer als niedergelassener Arzt Heroinabhängige mit Drogenersatzstoffen behandeln will, braucht eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Bedingung ist unter anderem, dass neben der medikamentösen auch eine psychosoziale Therapie erfolgt. Diese muss nicht zwangsläufig der behandelnde Arzt durchführen. Sie kann auch von Drogenberatungsstellen angeboten werden. In Bonn gab und gibt es immer wieder Probleme mit Methadon-Patienten, die offensichtlich nicht ausreichend psychosozial betreut werden. Die Drogenszene im Umfeld des Hauptbahnhofs ist ein Beweis dafür. Dort wird auch mit Methadon gedealt, das Patienten eigentlich zu Hause einnehmen sollen, so die Bonner Polizei.

"Wir wollen deswegen hier auch gar nicht mit Ihnen diskutieren", so ein Anwohner zu Lichtermann schließlich. "Wir sollten uns fragen, was wir machen können, um die Praxis hier zu verhindern", sagt er unter großem Applaus. So beschließt die neue Bürgerinitiative (www.rettet-die-poppelsdorferallee.de) einen Antrag für den Bürgerausschuss, in dem die Verwaltung aufgefordert wird, die Genehmigung für die Praxis nicht zu erteilen und stattdessen einen anderen Standort zu suchen.Und sie sammelt Unterschriften und Geld. "Denn wir werden notfalls klagen", betont Kleppi. Schützenhilfe bekommt Lichtermann am Montagabend allein vom sozialpolitischen Sprecher der Grünen, Detmar Jobst. Dieser substituiert selbst Patienten und bescheinigt seinem Kollegen "eine erfolgreiche Arbeit". Jobst will seiner Fraktion vorschlagen, die Praxis zu genehmigen - mit der Auflage, dass das Ordnungsamt zwei Jahre lang Kontrollgänge in der Gegend durchführen soll.

Woraufhin Jobst schallendes Gelächter der Anwohner erntet: Die Ordnungshüter hätten sich bislang schon nicht genug gekümmert. Die Vertreter von CDU und FDP, Klaus Weskamp und Klaus-Dieter Baehrfeld, beziehen klar Stellung gegen die Praxis, die Thema der Sitzung des Unterausschusses Bauplanung am 10. März ist. Die SPD, am Montag nicht anwesend, hat sich nach GA-Informationen noch kein abschließendes Urteil gebildet. Die Stadt jedenfalls bleibt dabei: Weil die Praxis auch am Wochenende betrieben werden soll, könne eine Genehmigung mit Rücksicht auf das Wohnumfeld nicht erteilt werden, hieß es am Dienstag.

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