Ehemaliger Schlachthof: Mitarbeiter bringen Stadt Bonn um 2,2 Millionen Euro Miete

"Ist da etwa Geld geflossen?" Staatsanwaltschaft ermittelt

  Mehr als zwei Millionen Euro  an potenziellen Mieteinnahmen sind der Stadt beim ehemaligen Schlachthof-Gelände durch die Lappen gegangen. Wegen des hohen Sanierungsbedarfs denkt die Verwaltung nun über alternative Nutzungskonzepte für das Areal nach.

Mehr als zwei Millionen Euro an potenziellen Mieteinnahmen sind der Stadt beim ehemaligen Schlachthof-Gelände durch die Lappen gegangen. Wegen des hohen Sanierungsbedarfs denkt die Verwaltung nun über alternative Nutzungskonzepte für das Areal nach.

Foto: Volker Lannert

Bonn.Im Vergleich zum wirtschaftlichen Desaster rund um das World Conference Center Bonn (WCCB) nimmt sich der dem GA jetzt vorliegende Bericht des Rechnungsprüfungsamtes zum ehemaligen Schlachthof-Areal in der Bonner Weststadt relativ harmlos aus. Gleichwohl hat es das Papier in sich.

Immerhin geht es um 2,2 Millionen Euro, die der Stadt durch die Lappen gegangen sind: Wegen Schlamperei bei Verpachtung und Vermietung der Gebäude auf dem Gelände an der Immenburgstraße, das heute als Gewerbe- und Gründerzentrum genutzt wird. Oder steckt mehr als Schlamperei dahinter?

Klar ist: Gegen die beiden Mitarbeiter, die für die Vermietung und Verpachtung zuständig waren, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue. Zudem hat die Stadt gegen ihre beiden Bediensteten ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Das ruht nach Auskunft von Pressesprecherin Monika Hörig allerdings bis zum Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Mit der Faust auf den Tisch"Die Ungereimtheiten auf dem Schlachthof wurden schon im vergangenen Jahr festgestellt. Dabei geht es um Auffälligkeiten bei der Vermietung und Verpachtung von 2000 bis Ende 2007. So seien Flächen - mit oder ohne Absicht - falsch berechnet worden, die Preisgestaltung ließe sich oftmals nicht nachvollziehen, zudem seien Vorgänge nicht ordnungsgemäß dokumentiert und Kompetenzen bei weitem überschritten worden.

Erst im September erhielten die Mitglieder des Rechnungsprüfungsausschusses Kenntnis von dem Bericht - in nichtöffentlicher Sitzung, und da gilt absolute Schweigepflicht gegenüber der Öffentlichkeit. Doch angesichts der ungeheuerlichen Vorgänge auf dem einstigen Schlachthof-Areal fühlen sich manche Politiker und Verwaltungsmitarbeiter nicht mehr an ihre Schweigepflicht gebunden.

Zu groß ist ihr Zorn über die offensichtlich zu lasche oder gar nicht erfolgte Kontrolle des Vermietungsgeschäfts auf dem Schlachthof, der bis Ende 2007 dem Liegenschaftsamt unterstand und dann in den Bestand des Städtischen Gebäudemanagements überführt wurde.

Einige Beispiele: Da durften Unternehmen Kühlräume kostenlos nutzen, während andere dafür Miete zahlen mussten. In anderen Fällen gewährten die städtischen Mitarbeiter die kostenlose Nutzung von Freiflächen - anderen Betriebe hingegen nicht. "Ist da etwa Geld geflossen?", fragen sich Kommunalpolitiker nach der Lektüre des Berichts.

Die Kritik der Prüfer erfasst auch "Kleinigkeiten": So wurden Schlüsselübergaben selten genau erfasst. Ebenso kräftig verstoßen wurde laut Prüfbericht permanent gegen das vom Stadtrat hinsichtlich der Korruptionsprävention bereits vor Jahren verordnete Vier-Augen-Prinzip. Man habe den Eindruck, dass der zuständige Mitarbeiter während der gesamten Prüfung den Eindruck vermittelte, leichtfertig mit städtischen Haushaltsmitteln umgegangen zu sein.

Derzeit haben 72 Unternehmen Mietflächen auf dem Schlachthof. Das Bewirtschaftungskonzept und die Mietverträge der dort angesiedelten Unternehmen sollen indes über Ende 2011 hinaus nicht verlängert werden. Hintergrund: Die Gebäude sind dringend sanierungsbedürftig. Von rund 19 Millionen Euro ist die Rede. Deshalb will die Verwaltung nun nach Alternativen für die Nachnutzung und Vermarktung des Geländes suchen.

Mit der Zukunft des ehemaligen Schlachthof-Areals beschäftigt sich am Mittwoch der Wirtschaftsförderungsausschuss. Er tagt ab 18 Uhr im Stadthaus, Berliner Platz 2. Mit dem Prüfbericht befassen sich die Politiker im RPA-Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung am Dienstag, 9. Februar.

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