"Eckiger Tisch" zeigt Ako-Rektor an

Der Berliner "Eckige Tisch", die Interessensgemeinschaft von Missbrauchsopfern an Jesuiten-Einrichtungen in Deutschland, hat wegen der Missbrauchsfälle am Aloisiuskolleg (Ako) bei der Staatsanwaltschaft Bonn Anzeige erstattet.

 Das Aloisiuskolleg kommt nicht zur Ruhe.

Das Aloisiuskolleg kommt nicht zur Ruhe.

Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Der Berliner "Eckige Tisch", die Interessensgemeinschaft von Missbrauchsopfern an Jesuiten-Einrichtungen in Deutschland, hat wegen der Missbrauchsfälle am Aloisiuskolleg (Ako) bei der Staatsanwaltschaft Bonn Anzeige erstattet.

Und zwar gegen den vorherigen und jetzigen Provinzial der deutschen Jesuiten, die Patres Stefan Dartmann und Stefan Kiechle, gegen den ehemaligen und den amtierenden Ako-Rektor Pater Theo Schneider und Pater Ulrich Rabe sowie gegen die Missbrauchsbeauftragte der Jesuiten Ursula Raue. Man beschuldigt sie "wegen des Verdachts des Besitzes von kinderpornografischem Material, der Beihilfe, wegen Strafvereitelung und sämtlicher sich daraus weiter ergebender Straftaten". Es geht um Fotos nackter Jungen, die ein früherer Ako-Internatsleiter aufgenommen hatte.

Die Opfergruppe zieht damit die Konsequenz aus dem Umgang mit dem Beweismaterial, den der Zwischenbericht des neuen unabhängigen Ako-Aufklärungsteams aufgedeckt hatte. Zuvor hatten das Ako und die Münchener Jesuitenzentrale dem GA gegenüber die Verantwortung dem jeweils anderen zugeschoben. Man habe die Kommission auf in einem "abgesperrten Nebenraum" lagernde "Kartons unsortierter Fotografien" hingewiesen, so das Ako. Die Bilder stammen aus dem Nachlass des bis zu seinem Tod im Juli 2010 mit Verfahren belasteten Ex-Internatsleiters.

Dass der im Februar zurückgetretene Ex-Rektor Pater Schneider bei seinem Auszug die Kartons und den übrigen Nachlass mitnahm, "ist nicht mit uns abgesprochen gewesen", so der heutige Ako-Rektor Rabe. Professorin Julia Zinsmeister, die die Aufklärungskommission leitet, erklärte dem GA, "dass mir nichts mehr einfiel", als sie zum Ortstermin im Ako plötzlich kein Beweismaterial mehr vorfand und es danach erst von Pater Schneider anfordern musste.

Der Abschlussbericht Zinsmeisters im Dezember werde die Frage nach der Verantwortlichkeit Ursula Raues, Pater Schneiders sowie des Provinzials im Zusammenhang mit der angeblichen Fotovernichtung 2007 beantworten und bewerten müssen, heißt das Fazit von Rektor Rabe. Dass die Bonner Ako-Opfergruppe seinen Rücktritt fordert, will er nicht kommentieren.

Provinzial Kiechle schiebt den Schwarzen Peter in der Beweismittel-Angelegenheit zurück zum Kolleg. "Alle diese Fragen werden von den Verantwortlichen des Ako zu beantworten sein." Die Jesuitenzentrale hat Ex-Rektor Schneider nach Mannheim versetzt.

Man begrüße an Zinsmeisters Zwischenbericht, dass nicht nur Vorwürfe zu sexuellem Missbrauch von Minderjährigen, sondern allgemein zu Grenzverletzungen dokumentiert werden, erklärt das Ako. "Dies entspricht unserer Auffassung zum Umgang mit sexualisierter Gewalt. Dadurch erweitert sich die Zahl möglicher Täter und Opfer." Das Kolleg habe im Schulausschuss im Juni über alle ihm bekannten Vorwürfe berichtet.

"Aber wir ermitteln nicht selbst und erhalten von den ermittelnden Stellen keine Informationen über sämtliche Vorwürfe", so Ako-Rektor Rabe. Es sei "eine diffamierende Unterstellung" der Schulausschussvorsitzenden Dorothee Paß-Weingartz, dass man Informationen verschweige. "Derartige Äußerungen ignorieren, welcher Aufarbeitungsprozess am Ako seit neun Monaten im Gange ist."

Der Schulausschuss beschäftigt sich am Dienstag ab 18 Uhr erneut mit dem Thema. Am Montag treffen bei einer Podiumsdiskussion im Uni-Hauptgebäude, Hörsaal 1, zum Thema "Sexueller Missbrauch durch Priester" ab 20.30 Uhr als einer der Strafanzeigensteller Matthias Katsch, Eckiger Tisch Berlin, und Ako-Pater Philipp Görtz direkt aufeinander.

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