Deutsch-Syrische Gesellschaft zerlegt sich

Olaf Feldmann kann sich gut erinnern: "Das war mal eine ehrenwerte Gesellschaft", sagt der FDP-Politiker, der für seine Partei bis 1998 im Bundestag saß. Heute hält er sie für "indiskutabel".

Deutsch-Syrische Gesellschaft zerlegt sich
Foto: Barbara Frommann

Bonn. Olaf Feldmann kann sich gut erinnern: "Das war mal eine ehrenwerte Gesellschaft", sagt der FDP-Politiker, der für seine Partei bis 1998 im Bundestag saß. Heute hält er sie für "indiskutabel".

Feldmann, 74, spricht von der Deutsch-Syrischen Gesellschaft (DSG). Einer Vereinigung, die sich wie so viele im früheren Regierungs-Bonn die Pflege der bilateralen Beziehungen auf ihre Fahnen geschrieben hatte. Im Fall Syriens ging das - natürlich - einher mit Kontakten zur Regierung in Damaskus.

Dann erreichte der arabische Frühling auch diesen Staat, und alles wurde anders. Alles? Dienstagabend, ehemalige syrische Botschaft in Bonn, gegenüber der Rheinaue. Die DSG hat zu einem Vortragsabend geladen, orientalischer Imbiss inklusive. Thema: der "sogenannte Arabische Frühling" und der "schwierige Weg zum nationalen Dialog in Syrien".

Sogenannter Frühling? Eine Vorahnung beschleicht einen. Sollten da Freunde des Assad-Regimes ihr eigenes rückwärtsgewandtes Süppchen kochen? Schon die erste Recherche spricht dafür. Noch vor Wochen stand neben der DSG als Einlader das Kulturamt der Stadt Bonn auf dem Programm.

Dann schrieb Andreas Loesch vom Kulturamt einen klaren Brief: "Die Stadt Bonn distanziert sich in jeder Weise von der in Rede stehenden Veranstaltung angesichts der gravierenden Verletzung der Menschenrechte in Syrien... Eine weitere Zusammenarbeit mit der DSG ist angesichts der Lage in Syrien nicht denkbar."

Einer der Gründe für diesen klaren Schnitt: ein Brief der DSG an Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Zitat: "Ihnen ist offensichtlich nicht klar, dass Sie mit Ihrer ständigen Haltung gegenüber der syrischen Regierung sowie Ihrer verbalen Unterstützung der Demonstranten einen ... unglaublichen Beitrag dazu leisten, die bewaffneten Demonstranten zu unterstützen."

Westerwelle löse durch seine Handlungsweise "mehr Gefahr und weitere Gewalt aus, als Frieden zu bringen". Und schließlich, in gänzlich undiplomatischem Ton: "Vergessen Sie bitte nicht, dass die breite Schicht der syrischen Gesellschaft ausländische Einmischung, ungeachtet ihrer Herkunft, weder wünscht noch toleriert."

Für Olaf Feldmann ist dies so wenig tolerabel wie das, was sich in Syrien selbst ereignet. Er, der 1999 die Präsidentschaft der DSG übernahm, sagt heute: "Damit will ich nichts zu tun haben." Im Mai ist er aus der DSG ausgetreten, wird aber immer noch als ihr Ehrenpräsident geführt.

Und als Präsident firmiert im Internet immer noch Helmut Schäfer, Staatsminister a.D., ebenfalls FDP und Feldmanns Nachfolger. Schäfer lässt am Dienstag ausrichten, er habe mit dem Verein längst nichts mehr zu tun. "Eigentlich müssten die sich auflösen", sagt Feldmann.

Dabei war der Verein Anfang 1994 aller Ehren wert. Hans-Jürgen Wischnewski, der SPD-Politiker ("Ben Wisch") machte mit, auch Hans (Johnny) Klein, CSU, damals Bundestags-Vizepräsident. Heute, sagt Salem El-Hamid, der Generalsekretär, im Privatleben Kinderarzt in Gummersbach, hat die DSG 70 Mitglieder. Noch.

Dienstagabend fanden sich knapp 200 Zuhörer ein, um hinter verschlossener Ex-Botschafts-Tür und unter Assads Porträt den Ausführungen einer Journalistin zu lauschen, die eine "der wenigen deutschen Journalisten war, die die Ereignisse in Syrien live erlebt hat". Allein das hätte stutzig machen müssen. In einem Land, das alle westlichen Journalisten ausgesperrt hat.

Syrien, sagt sie, sei ein stets offenes Land. Und der Generalsekretär versteht die ganze Kritik überhaupt nicht. Es gehe doch nur um Information. Draußen skandieren auch annähernd 200 Demonstranten: "Kein Dialog mit Mördern."

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