Der Letzte macht das Licht aus

Gespenstisch leer, aber (noch) nicht verlassen war die Redoute am Montagnachmittag. Wo noch vor wenigen Tagen Paare ihre Pirouetten drehten, zog ein Mann mit einer Poliermaschine einsam seine Kreise. Nach mehr als 35 Jahren verlässt Günnewig die Redoute. Am Montag beginnen die Sanierungsarbeiten.

Der Letzte macht das Licht aus
Foto: Felix Gutschmidt/Bernd Linnarz

Bad Godesberg.Gespenstisch leer, aber (noch) nicht verlassen war die Redoute am Montagnachmittag. Gut zwei Dutzend fleißige Hände waren damit beschäftigt, die Spuren der Weihnachtsparty des Akademischen Cirkels zu beseitigen. Wo noch vor wenigen Tagen Paare ihre Pirouetten drehten, zog ein Mann mit einer Poliermaschine einsam seine Kreise. Dann verließ auch er den Beethovensaal und ließ seinen ungelenken Partner alleine auf der Tanzfläche zurück.

Nicht ein Bild hing mehr an den Wänden des ehemals kurfürstlichen Ballhauses. Die meisten Gemälde waren Leihgaben des Bundes, die das Kulturamt nun abholen ließ. Vom Mobiliar waren nur noch ein vergoldeter Stuhl, zwei einsame Barhocker und einige Lampen übrig. Den letzten schweren Teppich hievten Mitarbeiter des langjährigen Pächters Günnewig in einem Kraftakt auf den Schultern hinaus. Der Rest stand in Umzugskisten verpackt zum Abholen bereit im Eingangsbereich.

Offiziell hatten Hardy Voges, Geschäftsführer der Redoute, und Martin Krämer, Leiter des Liegenschaftsamts, einander schon vor Weihnachten Lebewohl gesagt. Die offizielle Schlüsselübergabe mit zwei Vertretern des Liegenschaftsamts am Mittwoch geriet zu einem reinen Verwaltungsakt. Nach einer letzten Inspektion der Räumlichkeiten gingen in der Redoute endgültig die Lichter aus. Als Hardy Voges über die Schwelle ins Freie trat, ging eine mehr als 35 Jahre währende Geschäftsbeziehung zu Ende.

Bereits am kommenden Montag werden die ersten Handwerker in der Redoute erwartet. Die Renovierungsarbeiten enthalten die Erneuerung des Dachs, der Heizungszentrale, der Lüftung, der Aufzüge, Grundleitungen und Elektroeinrichtungen. Dazu nimmt die Stadt nach eigenen Angaben rund 1,6 Millionen Euro in die Hand. Weitere 143 000 Euro werden in das Redüttchen gesteckt, um Sanitäranlagen, Heizung, Lüftung und elektrische Anlagen zu modernisieren. Planmäßig sollen die Arbeiten Mitte des Jahres abgeschlossen sein.

Zuletzt musste die Redoute 1972 wegen umfangreicher Renovierungsmaßnahmen geschlossen werden. Für zweieinhalb Jahre ruhte der Betrieb damals. Dagegen ist der nun veranschlagte Zeitraum von etwa einem halben Jahr vergleichsweise kurz. Auch die Kosten, 1972 waren es 7,5 Millionen Mark zuzüglich rund 900 000 Mark, die Günnewig in das Redüttchen investierte, fallen bei der nun anstehenden Sanierung deutlich geringer aus.

Ob es bei den kalkulierten 1,6 Millionen Euro bleibt, wird sich zeigen. Direktor Hardy Voges wäre nicht überrascht, wenn bei den Arbeiten noch "die ein oder andere Überraschung ans Licht" käme. Parallel erfolgt die Suche nach einem neuen Pächter. Beide Objekte, Redoute und Redüttchen, werden "in wenigen Wochen" durch das städtische Liegenschaftsamt öffentlich ausgeschrieben, teilt die Stadt mit.

Die Verantwortlichen setzen darauf im ersten Quartal des neuen Jahres einen neuen Pächter für das Prestigeobjekt zu finden. Der Bürgerbund Bonn wies bereits im Frühjahr darauf hin, dass es im Zuge der Sanierung "sinnvoll wäre, auf dessen Vorstellungen angemessen eingehen zu können".

Gerüchte über einen Nachfolger von Günnewig gibt es zuhauf. Fast jeder etablierte Godesberger Gastronom wurde schon mit der Redoute in Verbindung gebracht. Spruchreif scheint bisher noch nichts zu sein. Das neue Jahr soll Klarheit bringen.

Eine kleine Chronik der Redoute##ULIST##

Im März 1975 übernahm die Hotelgruppe Günnewig die Redoute. Die Zusammenarbeit mit der Stadt lief in all den Jahren "völlig reibungslos", sagte Martin Krämer, Leiter des städtischen Liegenschaftsamts. In dieser Zeit wurden Konzerte, Bälle, Partys, Galadiners und zu Hauptstadtzeiten repräsentative Empfänge von Bund und Botschaften in der Redoute veranstaltet. Das ehemalige Gärtnerhaus Redüttchen wurde zur guten Stube der Godesberger Bürger.

  • Ihre Glanzzeit erlebte die Redoute im ausgehenden 18. Jahrhundert, als dort ein gewisser Joseph Haydn einen jungen Komponisten namens Ludwig van Beethoven spielen hörte, und das damals weitgehend unbekannte Singspiel "Die Zauberflöte" von Wolfgang Amadeus Mozart im Ballhaus inszeniert wurde. Den Bau hatte Kurfürst Max Franz 1780 in Auftrag gegeben. Er wollte Bad Godesberg zu einem veritablen Kurort ausbauen. Vorbild war das belgische Spa. Redoute, so steht es in einem alten Lexikon, "heißt (...) derjenige Platz, allwo man vermasquieret zusammenkommt, um zu tanzen, zu spielen und andere Lustbarkeit zu treiben".
  • Mit dem Einfall der französischen Truppen ins Rheinland 1794 fand der Vergnügungsbetrieb ein jähes Ende. Unter preußischer Regierung wurde das Haus später als Spielbank genutzt. Erst als Bankier Victor Wendelstadt 1856 die Redoute erwarb, wurde sie wieder zum Kulturstandort. Unter anderem gaben Johannes Brahms und Clara Schumann Konzerte. Wendelstadt ist auch der heute als Redoutenpark bekannte Garten im englischen Stil und das eiserne Barocktor zu verdanken.
  • 1920 kaufte die damals noch selbstständige Stadt Bad Godesberg die Immobilie. Der Plan, das Haus um einen Konzert- und Theaterbau zu erweitern, wurde aus Geldnot nie umgesetzt. Nicht einmal 20 Jahre später endete mit Beginn des Zweiten Weltkriegs vorerst das kulturelle Leben an der Kurfürstenallee. In der jungen Bundesrepublik nutzten in erster Linie das Auswärtige Amt und die Bundesregierung die Redoute für repräsentative Empfänge. Manch international beachteter Staatsbesuch wurde dort empfangen.
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