Landespolitiker sehen sich im früheren Landesbehördenhaus um Der Korruption auf der Spur

Bonn · Das ehemalige Bonner Landesbehördenhaus steht im Mittelpunkt einer der größten Korruptionsaffären, die es in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren gegeben hat. Jetzt haben sich Landespolitiker mit Schutzmaske und Helm in dem Gebäude umgesehen.

Vor dem Düsseldorfer Landgericht verhandelt zurzeit die Wirtschaftsstrafkammer den Fall um angebliche Untreue und Bestechlichkeit, die die Wuppertaler Staatsanwaltschaft unter anderem dem früheren Leiter des NRW-Bau- und Liegenschaftsbetriebs (BLB), Ferdinand Tiggemann zur Last legt.

Parallel versucht seit drei Jahren ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags, Licht in den Sachverhalt zu bringen. Und da man sich anschauen will, worüber sonst nur geredet wird, haben sich die Ausschussmitglieder gestern den früheren Sitz des Polizeipräsidiums an der B 9 aus der Nähe angesehen.

Seit vor zehn Jahren die Polizei nach Ramersdorf in einen Neubau gezogen ist, steht der Altbau aus dem Jahr 1974 leer. In den weiten Räumen haben zwischenzeitlich Spezialkommandos der GSG 9 Übungen abgehalten, die Polizei habe für etwaige Amokläufe trainiert, berichtet Heike Blohm-Schröder, stellvertretende Leiterin der Kölner Niederlassung des BLB. "Das größte Problem hier ist aber der Vandalismus", so BLB-Sprecher Frank Buch.

Landespolitiker sehen sich im früheren Landesbehördenhaus um
12 Bilder

So sieht das Bonner Landesbehördenhaus aus

12 Bilder
Foto: Max Malsch/Malsch

Trotz Sicherheitsdienst werde immer wieder eingebrochen in das Gebäude mit einer Geschossfläche von 60.000 Quadratmetern. Entsprechend sieht es dort aus: Deckenlampen sind herausgerissen und liegen auf dem Boden. Farbe an Türzargen deutet darauf hin, dass Eindringlinge die Flure für Schießspiele wie Paintball genutzt haben. Der BLB hat mittlerweile alle Einstiegsmöglichkeiten verschweißt. Die Ausschussmitglieder laufen nun mit Schutzmasken und Helmen durch die Baustelle. Die Luft ist mit PCB und Asbest belastet. Bis auf Teile des Anbaus aus dem Jahr 1986 nebenan, in dem die Uni Standorte für angehende Informatiker und die landwirtschaftliche Fakultät angemietet hat, ist die Liegenschaft in einem maroden Zustand. In dem Neubau prüft die Stadt nach Auskunft von Sprecherin Monika Hörig noch die Unterbringung von Flüchtlingen.

Ein Bonner Investor hatte im Jahr 2010 für den Komplex zehn Millionen Euro geboten mit dem Hintergedanken, an der Stelle ein neues Stadthaus zu errichten (das derzeitige ist sanierungsbedürftig). Bei ihm soll sich anschließend ein Makler gemeldet haben, der eine Million Euro verlange, weil sonst ein anderer Investor 15 Millionen Euro für die Liegenschaft bieten würde. Der Bonner erstattete Anzeige wegen versuchter Erpressung, die Ermittlungen kamen in Gang und brachten die zuständige Wuppertaler Staatsanwaltschaft auf die Spur des damaligen BLB-Chefs Tiggemann. Ihm wirft die Anklage nun vor, dem Makler die Angebotssumme für das Landesbehördenhaus verraten zu haben. Am ersten Prozess stritt er diesen Vorwurf ab. In fünf Fällen soll der Manager Interna weitergegeben haben, laut Anklage unter anderem mit dem Ziel, dass andere Investoren dem BLB dringend benötigte Liegenschaften vor der Nase wegschnappen konnten, um sie für mehr Geld wieder an den BLB verkaufen zu können. Dafür soll Tiggemann hohe Schmiergelder erhalten haben. Dem Land sollen dadurch 16 Millionen Euro Schaden entstanden sein.

Neben Tiggemann richtet sich die Anklage auch gegen einen Unternehmer wegen Beihilfe zur Untreue und einen früheren Niederlassungsleiter des BLB in Aachen wegen Anstiftung zur Untreue.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort