CoJoBo: Politiker kritisieren Zäpfchengabe

BONN · Die jahrelang praktizierte Zäpfchengabe an kranke Schüler im Collegium Josephinum (CoJoBo) war Dienstagabend auch Thema im Schulausschuss. Und führte zu einem kritischen Schlagabtausch zwischen Ausschussmitgliedern und CoJoBo-Schulleiter Peter Billig.

Er hatte zuvor in öffentlicher Sitzung über den Sachstand und die Hintergründe für zwei Anzeigen von Eltern berichtet, wo in einem Fall ohne deren Zustimmung in der katholischen Jungenschule von einem Pater, einem Klassenlehrer, ein Zäpfchen verabreicht worden war. Zur Seite stand Billig dabei Provinzial Johannes Römelt vom Redemptoristenorden als Vertreter des Schulträgers.

Der Orden hat den betroffenen Pater inzwischen auf Anraten der Bezirksregierung auf Widerruf von seinen Diensten entpflichtet, berichtete Billig. Eine, wie er findet, harte, aber formal korrekte Maßnahme. "Wir wollten uns nicht anders verhalten, als das im öffentlichen Schuldienst üblich ist." Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Pater. Billig zeigte sich darüber erleichtert, "damit das geklärt wird".

Keinen Hehl machte er aus seiner Verärgerung darüber, dass in den Medien die "Zäpfchensache" mit Missbrauchsfällen aus den 50er und 60er Jahren vermengt würden. Billig verteidigte die bisherige Praxis der Medikamentengabe an seiner Schule, die in aller Regel in Rücksprache mit Eltern erfolgt sei, auch bei den seltenen Zäpfchengaben, die in Ausnahmefällen nicht zu beanstanden seien. Das Medikamentenkonzept sei aber vorerst ausgesetzt und werde überarbeitet.

Bei allen bisherigen Gesprächen mit Schülern und nach derzeitigem Stand der externen Untersuchungen gebe es keinen Hinweis, dass es zu sexuellem Missbrauch gekommen sei, so der Schulleiter.

Mit seinem Vortrag rief er indes den Unmut von Ausschussmitgliedern sowie Schuldezernentin Angelika Maria Wahrheit hervor: Seine Ausführungen trügen nicht zu mehr Transparenz bei. Sein Fokus sei vielmehr auf das Image der Schule gerichtet, kritisierte Tim Achtermeyer (Grüne). Billigs "Presseschelte" erwecke den Eindruck, er wolle die "Zäpfchensache" wie er sich ausdrücke, herunterspielen. "Als wäre das Kleinkram", sagte die Schuldezernentin.

Dagegen verwahrte sich Billig. Er habe lediglich versucht, zwischen den "schlimmen" Missbrauchsfällen von damals und der bisherigen Medikamentenpraxis, also auch der Zäpfchengabe an seiner Schule, zu unterscheiden. Die Gemüter beruhigte er damit nicht: "Wir erwarten, dass diese Medikamentenpraxis am CoJoBo eingestellt wird", sagte Ausschussvorsitzende Dorothee Paß-Weingartz (Grüne). Dies sei ein massiver Eingriff in die Intimsphäre von Kindern und Jugendlichen, war sie sich mit vielen im Saal einig.

Das sieht auch Maria Mensching so. Die promovierte Psychologin arbeitet am Marienhospital und ist dort mit Kindesmissbrauchsfällen befasst. Die Zäpfchengabe sei zwar rechtlich nicht zu beanstanden, sagte sie, allerdings "ist sie aus psychologischer Sicht ein Übergriff in die Intimsphäre eines Kindes". In vielen Krankenhäusern verabreichten Ärzte deshalb nur ungerne Zäpfchen, und dann möglichst nur im Beisein von Eltern. "Es muss unbedingt im medizinischen Kontext stehen", sagte Mensching. An einer Schule sei dies gewiss in gar keinem Fall zu vertreten.

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