Warnstreik in der Region Brücken und Zufahrten erwiesen sich wieder als Nadelöhr

BONN · Das Verbreitungsgebiet des General-Anzeigers war am Dienstag ganz unterschiedlich von den Warnstreiks betroffen. Oft war auf den Straßen viel Geduld gefordert, manchmal hieß es aber auch überraschend "Freie Fahrt".

An den Schulen waren die meisten Schüler und Lehrer nach Aussage vieler Schulleiter auf den Streik vorbereitet und pünktlich zum Unterricht erschienen. Auch einige wenige Kindertagesstätten der Stadt Bonn blieben am Dienstag dicht beziehungsweise hatten einen Notdienst eingerichtet.

Bei ihnen geht der Streik heute weiter. Nach Auskunft von Elke Palm vom Presseamt der Stadt Bonn werden es heute an die 31 städtische Kitas sein, die wegen des Streikaufrufs der Komba-Gewerkschaft entweder ganz geschlossen haben oder Notgruppen einrichten.

Vorgebirge:

Soll es die B56 in Richtung Bonn oder die L 182 in Richtung Bornheim sein? Für den Pendler aus Swisttal-Heimerzheim war diese Frage schnell entschieden. Trotz Warnungen bei Radio Bonn/Rhein-Sieg um kurz nach 8 Uhr entschied er sich für die L182, um schon am Breniger Berg in den stockenden Verkehr zu geraten.

[kein Linktext vorhanden]An der dahinter liegenden Kreuzung, wo es links nach Brühl (L183), geradeaus nach Wesseling (L192) und rechts über die Königstraße und Bornheim Richtung Bonn geht, war dann Schluss: Stau. Somit mussten die Ortskenntnisse ran: Erst einmal geradeaus in Richtung Wesseling, dann am Kreisel rechts über die L281 durchs Feld zwischen Hersel und Bornheim Richtung Gewerbegebiet Bornheim-Süd, dort dann links über die L118 nach Hersel. In Höhe der Auffahrt zur A555, wo es stockt, wieder der Blick auf die Uhr: 8.43 Uhr. Doch es geht weiter: Geradeaus nach Hersel und rechts via Kölnstraße weiter nach Dransdorf.

Südbrücke:

Vor der Südbrücke staute sich der Verkehr in den Morgenstunden bis zur Abfahrt Pützchen auf den A59. Wer versuchte sich vorzudrängeln, zog schnell den Unmut der anderen Autofahrer auf sich und bekam ein Hupkonzert. Jasmin Urban aus Ruppichteroth brauchte geschlagene zwei Stunden, bis sie etwa zwei Kilometer vor der Südbrücke stand. "Ich bin zwar schon früher losgefahren, pünktlich werde ich trotzdem nicht sein", sagte sie.

Einige Pendler waren auf den Roller oder das Motorrad umgestiegen. Christopher Gay aus Bad Honnef schlängelte sich zwischen den Autos bis zu seinem Praktikumsplatz in Kessenich durch. Sonst fährt er mit Bus und Bahn. Dem Radfahrer Otto Fries war aufgefallen, dass viel mehr Radler unterwegs waren als sonst. "Damit ist man im Moment auch besser dran", sagte er.

Der U-Bahnhof in Ramersdorf war wie leer gefegt. Ein paar Schüler aus Oberkassel warteten vergebens auf ihre Lehrerin, die im Stau stand. Zum Ausflug ins Polizeipräsidium erschien dann auch nur die Hälfte der Klasse.

Nordbrücke:

In allen Himmelsrichtungen gab es am Dienstag zu den Hauptverkehrszeiten Stau rund um die rechtsrheinische Autobahnauffahrt der A565 Niederkassel/Geislar. Die Niederkasseler Straße zwischen Schwarzrheindorf und Mondorf (L16) war in beiden Fahrtrichtungen dicht. Die Nerven der Autofahrer lagen blank.

Im Stop-and-Go-Verkehr standen auch Busse und Müllfahrzeuge. Die einen wollten auf die Autobahn, die anderen in Richtung Kennedybrücke stadteinwärts. Auch aus Meindorf stauten sich die Autos kilometerlang zurück in Richtung Geislar. Manch einer nutzte die verbotene Abkürzung über den Feldweg durch die Siegaue. Sehr zum Verdruss derjenigen, die sich ordnungsgemäß in die Schlange stellten. Hupkonzerte waren keine Seltenheit.

Bundesstraße 56:

Komplett dicht war Dienstagmorgen die Bundesstraße 56. Wer nach Bonn oder auch in die andere Richtung Siegburg ansteuerte, musste viel Geduld aufbringen. Da dauerte ein Fahrt von Hangelar nach Mülldorf schon mal länger als eine halbe Stunde.

Kurz vor Siegburg löste sich der dichte Verkehr auf, auch wenn sich nicht wenige Pendler ihren Weg über A560, A59 und A565 nach Bonn suchten, was allerdings auch deutlich mehr Zeit in Anspruch nahm als an normalen Tagen. Richtung Bonn suchten sich viele Autofahrer ihre Schleichwege. So staute sich der Verkehr auch auf der Kölnstraße in Hangelar. "Ansonsten hat es aber keine besonderen Vorkommnisse gegeben", sagte Polizeisprecherin Renate Braun.

Reuterstraße:

[kein Linktext vorhanden]Verwundert die Augen rieben sich am Dienstagmorgen Autofahrer, die aus Bad Godesberg nach Norden wollten: Sowohl über die B9 in Richtung Bonner City als auch über die Reuterstraße auf die A565 lief der Verkehr so gut wie reibungslos. Ebenso auf dem "Tausendfüßler". In der Gegenrichtung sah das anders aus. Dort staute sich der Verkehr Richtung UN-Viertel über mehrere Kilometer und Stunden.

Bonn-Poppelsdorf:

Hier standen morgens zahlreiche Fahrgäste an den Haltestellen. Entweder wussten sie nicht, dass die Busse nicht fuhren, oder sie hatten, wie einige sagten, nicht damit gerechnet, dass der Streik auch für die Stadt galt. Mancher Schüler kam verspätet mit dem Rad zum Unterricht, zum Beispiel am Clara-Schumann-Gymnasium in der Südtstadt. Überraschend viele Fußgänger und Radfahrer waren auf der Robert-Koch-Straße hoch zum Venusberg unterwegs. An den Uni-Kliniken standen zahlreiche Taxis, es gab allerdings noch genügend freie Plätze in den Parkhäusern.

Bonn Hauptbahnhof:

Die Bahnsteige des Bonner Tiefbahnhofs waren am frühen Morgen menschenleer. Nur vereinzelte Fahrgäste schauten ungläubig auf die Anzeigetafeln. "Ich dachte, dass wenigstens die Bahnen 18 und 16 in Richtung Köln fahren", sagte eine junge Frau und hastet dann weiter, um den Zug der Deutschen Bahn nach Bornheim zu erreichen.

Auch am Bonner Busbahnhof warteten einige vergeblich. Zwar fuhren dort die Busse des Regionalverkehrs Köln (RVK), wie die 843 in Richtung Meckenheim, und der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG) in Richtung Köln-Wahn, Troisdorf und Königswinter. Aber von den Bussen der Stadtwerke Bonn keine Spur. Viel zu tun hatten somit die Taxi-Fahrer. Am Stand vor dem Hauptbahnhof bildete sich eine lange Schlange von Menschen, die auf einen freien Wagen warteten. Schnell hatten sich Fahrgemeinschaften gebildet.

Beuel/Kennedybrücke:

Am Beueler Bahnhof waren nur wenige Reisende vom Streik überrascht. Die meisten Pendler liefen unbeeindruckt an den Infotafeln mit dem Streikhinweis vorbei. Die Berufsschüler mit dem Ziel Ludwig-Erhard- und Robert-Wetzlar-Berufskolleg, die um 7.18 Uhr aus Richtung Königswinter und Bad Honnef kamen, ließen sich grob in zwei Gruppen teilen: Die einen machten sich zu Fuß auf den Weg in die Stadt und die anderen kehrten mit dem nächsten Zug wieder um.

Weniger gelassen ging es auf den Straßen im Beueler Zentrum zu. Zwischen sieben und zehn Uhr staute sich der Verkehr vor der Auffahrt zur Kennedybrücke bis in sämtliche Zufahrtsstraßen hinein. Und dass, obwohl viele auf das Fahrrad umgestiegen waren oder gleich zu Fuß gingen.

Streik-Splitter

  • In die Menschenschlange an den Taxiständen am Hauptbahnhof reihten sich auch drei junge Mitarbeiterinnen der Uni-Klinik auf dem Venusberg ein. "Es ist ärgerlich, aber wir wussten ja seit Montagabend Bescheid", sagte eine von ihnen resignierend.
  • Ungeahnte Wanderquaitäten entwickelten Seda Yilmaz (19) und Muhammed Özdemir (17). Sie absolvierten die gesamte Strecke vom Beueler Bahnhof bis zum Ludwig-Erhard-Berufskolleg in Auerberg per Fußmarsch. "Ich schätze, insgesamt brauchen wir 45 Minuten", sagte Özdemir. "Pünktlich schaffen wir es auf keinen Fall", sagte Yilmaz. Der Unterricht hatte da schon vor zwei Minuten begonnen.
  • Als "german Abenteuer" werden Soo Yun Kim und Young Kyun aus dem Südkoreanischen Seoul vom Streik berichten. Sie versuchten per Anhalter vom Hauptbahnhof zu einem Sprachkurs auf dem Venusberg zu fahren. Die beiden waren davon begeistert, wie viel Solidarisch die Menschen den Streikenden entgegenbringen. "In Südkorea herrscht dafür eher Unverständnis", sagten sie.
  • Gelassen nahm Daniela Voss aus Wiehl die Streikauswirkungen: "An der Situation kann ich sowieso nichts ändern." Zur Entspannung hatte sich ein Hörbuch mit ins Auto genommen.
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