Umfrage Bonner fühlen sich wohl

BONN · Die Bonner fühlen sich wohl in ihrer Stadt, wobei das Wohlgefühl mit Alter, Wohndauer und Einkommen noch steigt. Das hat eine repräsentative Befragung ergeben, die am Freitag im Marktforschungsinstitut infas in Bonn vorgestellt wurde. Die Bürger nannten im Rahmen der Studie auch zahlreiche Wünsche.

Fast 270 Stunden lang haben Marktforscher im Mai mit Bonnern telefoniert und herausgefunden: "Die Bürger sind sehr zufrieden, werfen aber auch einen kritischen Blick auf die Dauerbrenner in der Stadt wie Verkehr, WCCB, Festspielhaus und Schwimmbaddiskussion", fasste Robert Vollmer von infas zusammen. Die Ergebnisse der repräsentativen Befragung, die das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft und die "nhi² AG-Interviews International" durchgeführt haben, wurden gestern zum "Tag der Marktforschung" präsentiert. Bei einer Podiumsdiskussion im Ollenhauer-Haus hatten außerdem Politiker die Gelegenheit, einzelne Themen zu kommentierten.

Lange drehte sich die Diskussion um die Frage, ob in Bonn Stillstand herrscht oder nicht. "Der erfolgreiche Strukturwandel wird nicht fortgesetzt", meint etwa Ernesto Harder (SPD). Klaus-Peter Gilles (CDU) findet hingegen, dass sich auch vieles positiv entwickelt, zum Beispiel der Bau des neuen Stadtwerke-Kraftwerks für 90 Millionen Euro.

Infas-Leiter Menno Smid hingegen meint, dass "bestimmte Probleme einfach nicht gelöst werden". Beispiel Festspielhaus: "Man kann doch nicht 17 Jahre diskutieren, 20 Jahre entscheiden und sich dann wundern, wenn nichts daraus wird", so Smid. Ein Thema soll laut Peter Finger (Grüne) auf jeden Fall vor der Sommerpause geklärt sein: die Zukunft der Bonner Hallenbäder. Hierzu haben die Meinungsforscher ebenfalls die Bürger befragt.

Insgesamt 802 Telefoninterviews mit Leuten ab 18 Jahren wurden für die Studie geführt, jedes dauerte rund 20 Minuten. Eines fiel auf: "Es gibt so gut wie niemanden, der sagt: Ich fühle mich gar nicht wohl in Bonn", berichtete Projektleiterin Vanessa Blume. Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Aktuelle Themen: Als lokales Thema Nummer eins hat sich der WCCB-Skandal in diesem Jahr wieder an die Spitze gesetzt. 46 Prozent der Befragten fiel spontan ein, dass sie zum Thema Kongresszentrum aktuell etwas gehört oder gelesen haben (Vorjahr: 29 Prozent). Auf Platz zwei (jeweils 17 Prozent) wurden Freibäderdiskussion und Beethoven-Festspielhaus genannt. Ein neues Themen, das bei den Umfragen in den vergangenen zwei Jahren noch nicht häufig genannt wurde, ist die Verkehrssituation (16 Prozent). "Das ist eines der Hauptthemen, das auch die Unternehmen umtreibt", sagte Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg. Neu genannt wurden außerdem die Kindergartendiskussion (8 Prozent), der Bahnhofsvorplatz und das Bonner Loch (8 Prozent), Rhein in Flammen (8 Prozent) und die Kriminalität in Bad Godesberg (7 Prozent).
  • l Vertrauen in lokale Institutionen: Die Feuerwehr wird es im aktuellen Jubiläumsjahr freuen - sie genießt das größte Vertrauen der Bevölkerung, vor Ärzten, Polizei, Lebensmittelhändlern und Pfarrern. Zum Vergleich: 64 Prozent haben sehr großes Vertrauen in die Feuerwehr, drei Prozent in die Politiker im Stadtrat. Es gibt allerdings bei dieser Frage immer ein breites Mittelfeld. Rechnet man die, die einer Institution "eher vertrauen", hinzu, bleibt die Feuerwehr mit 97 Prozent an der Spitze, Ärzte und Polizei bekommen jeweils 91 Prozent. Der Stadtverwaltung vertrauen 65 Prozent, dem Oberbürgermeister 52 Prozent. Auch für die Politiker im Stadtrat relativiert sich das Ergebnis: 39 Prozent sprechen ihnen mehr oder weniger großes Vertrauen aus. Die lokalen Tageszeitungen bekommen von 77 Prozent der Befragten das Vertrauen.
  • Sicherheit: Insgesamt fühlen sich viele Bonner nachts auf den Straßen sicher. Unsicher fühlen sich vor allem ältere Menschen ab 60 Jahren. Unterschiede gab es außerdem zwischen den Stadtbezirken. In Bad Godesberg fühlen sich 26 Prozent eher unsicher (Beuel: 17 Prozent), zwölf Prozent sogar sehr unsicher (Beuel: vier Prozent).
  • Festspielhaus: Das Festspielhaus wurde bei der Frage nach wichtigen aktuellen Bonner Themen als dritthäufigstes genannt und legte mit 17 Prozent im Vergleich zu 12 Prozent im Vorjahr sogar noch zu. 76 Prozent der Befragten kannten die Pläne für ein neues Festspielhaus. Bei der Frage, ob ein neues Festspielhaus gebaut werden soll, ist die Zahl der Befürworter im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen, von 45 auf 43 Prozent. Die Bonner denken, dass ein Festspielhaus die Kultur insgesamt fördern und das Prestige der Stadt erhöhen würde. Dass der Name "Beethovenstadt" verpflichtet, finden nur fünf Prozent. Nur vier Prozent halten einen Neubau für überflüssig oder überdimensioniert. Auch die Nähe zu Köln spielt, anders als in der politischen Diskussion, für die Bürger offensichtlich keine Rolle. Wenn es um Gründe gegen einen Neubau geht, werden zuerst die Kosten genannt.
  • Zufriedenheit: Die Marktforscher haben auch gefragt, wie wichtig den Bonnern bestimmte Themen sind und wie zufrieden sie damit sind. Am meisten klaffen Wunsch und Wirklichkeit beim Thema Sicherheit auseinander. 88 Prozent halten den Schutz vor Kriminalität für wichtig, nur 38 Prozent sind mit der aktuellen Situation zufrieden. Eine größere Differenz gibt es auch bei der Versorgung mit Kinderbetreuungsplätzen, die 58 Prozent für wichtig halten, zufrieden sind 18 Prozent. Auch beim Angebot der Sportanlagen und Schwimmbäder, beim Angebot für Familien und Kinder, beim Ausbau der Straßen und Fahrradwege sowie bei der Verfügbarkeit von Parkplätzen in der Innenstadt ist noch Verbesserungsbedarf, will man den Erwartungen der Bürger gerecht werden.
  • Rheinisches Naturell: Nur ein Prozent der Befragten lehnt das rheinische Naturell generell ab. Den meisten (81 Prozent) ist die Mundart leicht oder sogar sehr sympathisch, regionale Bräuche, Sitten und Traditionen gefallen insgesamt 82 Prozent.

Die Institute
Das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH in Bonn ist ein privates und unabhängiges Markt- und Sozialforschungsinstitut, das 1959 in Bad Godesberg gegründet wurde. Es beschäftigt 91 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz lag 2012 bei 18,3 Millionen Euro.
Die "nhi² AG Interviews International" hat ihren Sitz ebenfalls in Bonn. 2012 betrug der Jahresumsatz 5,1 Millionen Euro. Sie beschäftigt 34 angestellte Mitarbeiter und mehr als 1000 Interviewer.

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