Theo Kötter im Interview Bonner Städtebau-Professor plädiert für eine Gesetzesänderung

BONN · Theo Kötter ist Professor für Städtebau und Bodenordnung an der Bonner Universität. Im Interview spricht er über Denkmalschutz und Stadtentwicklung - und wie beides zusammenpasst.

Wie objektiv ist die Entscheidung, ein Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen?
Theo Kötter: Die Einstufung ist eine sachverständige Entscheidung der Denkmalfachbehörde nach Kriterien, die im Denkmalschutzgesetz des Landes NRW stehen. Es ist ein gängiger Irrtum, dass es dabei um ästhetische Fragen ginge. Entscheidend ist beispielsweise, ob ein Bauwerk typisch und prägend für eine abgeschlossene Epoche der Stadtgeschichte ist.

Warum darf der Stadtrat bei einer womöglich folgenreichen Unterschutzstellung nicht mitentscheiden?
Kötter: Das ist nach dem Gesetz keine Mehrheitsentscheidung, sondern Ergebnis einer fachlichen Einschätzung. Die Denkmalqualität ergibt sich aus dem Expertenurteil, zunächst unabhängig davon, welche Folgen das hat.

Für die Eigentümer können sie massiv sein...
Kötter: Denkmalschutz, etwa für ein privates Wohnhaus, ist ein Eingriff in die Eigentumsrechte. Der Eigentümer ist verpflichtet, das Denkmal denkmalverträglich zu nutzen und zu erhalten. Er kann es nicht beliebig umbauen und modernisieren. Werden die Grenzen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit für den Eigentümer überschritten, kann dieser die Übernahme durch die Stadt verlangen.

Bietet Denkmalschutz Privateigentümern auch Vorteile?
Kötter: Steuerliche Vorteile und die Möglichkeit öffentlicher Fördergelder zum Beispiel. Auch bei der Vermarktung einer Immobilie kann das helfen.

Wie passen Denkmalschutz und Stadtentwicklung zusammen?
Kötter: Das baukulturelle Erbe zu erhalten, ist identitätsstiftend. Es muss aber mit Augenmaß erfolgen, weil jede Generation einen Anspruch hat, die Stadt mitzuprägen und umzugestalten. Soweit nach und nach immer mehr Gebäude unter Denkmalschutz gestellt werden, der Anteil neuer Gebäude aber vielerorts aufgrund einer bestandsorientierten Stadtentwicklung zurückgeht, können die Spielräume für die Stadtentwicklung mitunter eingeschränkt sein. Entscheidend ist, was nach dem Eintrag in die Denkmalliste geschieht. Dann muss eine zeitgemäße Funktion und wirtschaftliche Nutzung etabliert werden, ohne eine Käseglocke über das Denkmal zu stülpen. Sonst ist keine Entwicklung möglich.

Funktioniert das in der Praxis?
Kötter: Nicht immer. Wir müssen den Denkmalbegriff im Kontext der aktuellen Rahmenbedingungen, der neuen Herausforderungen der Stadtentwicklung und der Baukultur diskutieren, neu definieren und das auch im Gesetz verankern. Dazu muss die Wissenschaft ihren Beitrag leisten.

Das Außengelände der Beethovenhalle soll unter Schutz gestellt werden: Schließt das einen Festspielhaus-Neubau aus?
Kötter: Es würde keineswegs die weitere Entwicklung besiegeln. Im Abwägungsprozess müssen aber überzeugende und gewichtige Gründe vorgetragen werden, um das öffentliche Interesse an einem zeitgemäßen Konzerthaus darzulegen und die Belange des Denkmalschutzes zu überwinden. Nach meiner Überzeugung lassen sich intelligente, fachlich vertretbare Lösungen finden.

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